PRAXIS: Ach wäre das schön, gäbe es ein Rezept für die richtige Strategie. Gibt es, sagt ein Harvard Professor. Statt sich in vielen strategischen Initiativen zu verzetteln, sollten sich Unternehmen auf das Wesentliche besinnen, ihre Strategie vereinfachen und die wirkungsvollen Initiativen verfolgen (Weniger ist mehr).
Einen Titel hat er für diese Art der Vorgehensweise natürlich auch: Die wertorientierte Strategie. Die erste Aussage dazu klingt mehr als banal: Dauerhaft finanziell erfolgreiche Unternehmen schaffen echten Mehrwert, und zwar für ihre Kunden, ihre Beschäftigten und ihre Zulieferer. Angesichts der Diskussion um den „Purpose“ möchte ich ergänzen: Und für die Gesellschaft – aber das ist ein anderes Thema. Aber wie macht man das nun – den Mehrwert erhöhen?
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Mehrwert für die Kunden schafft man, indem man ihre Zahlungsbereitschaft erhöht. Also statt zu fragen: Wie kann ich mehr verkaufen? Wie kann ich den Umsatz erhöhen?, sollte man sich darauf fokussieren, „die Zahlungsbereitschaft in jedem Stadium des Kundenerlebnisses zu erhöhen.“ Dabei versteht man unter Zahlungsbereitschaft den Preis, zu dem ein Kunde „kurz davor ist, auf dem Absatz kehrtzumachen.“
Mehrwert für die Beschäftigten erhöht man, indem man die Arbeit für sie attraktiver macht. Bessere Arbeitsplätze erzeugen nicht nur einen Mehrwert, sie reduzieren auch die Mindestvergütung, die man einem Kandidaten bieten muss.
Mehrwert für die Zulieferer erhöht man, indem man deren Betriebskosten senkt, z.B. indem man ihnen hilft, ihre Produktivität zu verbessern. Damit fällt dann der Mindestpreis, den man für die Produkte bezahlen muss, und alle haben etwas davon.
Klingt doch sehr einfach, oder? Sagt der Autor auch, aber das Problem sei, dass die Umsetzung viel Disziplin erfordere. Das ist wohl immer so bei Dingen, die ach so einfach erscheinen. Daher hier noch einige Tipps, die helfen könnten.
Auf den Mehrwert, nicht auf den Gewinn konzentrieren. Gemeint ist, nicht vor allem darauf zu achten, was möglichst schnell Gewinn abwirft, sondern davon auszugehen, „dass eine überlegene Wertschöpfung mit der Zeit automatisch zu besseren Geschäftsergebnissen führt.“
Mitarbeiter, Lieferanten und Kunden für sich gewinnen, die perfekt zum Unternehmen passen. Womit eigentlich nichts anderes gemeint ist, als bereits beschrieben wurde: Attraktive Arbeitsbedingungen und Mehrwert für Kunden schaffen, dann kommen auch genau die richtigen Mitarbeiter und Kunden.
Mehrwert durch komplementäre Produkte schaffen. Gemeint sind Waren und Dienstleistungen, die den Wert des Kernproduktes erhöhen und damit die Bereitschaft des Kunden, für dieses mehr zu bezahlen. Manchmal stellt man erst später fest, dass man ein Komplementär-Produkt entwickelt hat, weil man eigentlich ein altes Produkt ersetzen wollte (Substitut), aber es sich dann als Ergänzung herausstellt.
Mehrwert erzeugen, indem man die Profit Pools verlagert. Gemeint ist, den Kunden immer wieder Leistungen anzubieten, die über das eigentliche Kernprodukt hinausgehen (Paketlösungen). Wenn sich dann die Nachfrage ändert, kann es sein, dass sich der Profit irgendwann auf die Ergänzungsleistungen verlagert und hierfür die Zahlungsbereitschaft steigt.
Wie man so etwas angeht? Auch kein Hexenwerk: Man identifiziert Werttreiber und sammelt dafür Daten, indem man z.B. Kunden befragt. In einer „Value Map“ werden diese dann bewertet und geschaut, welche dieser Werttreiber das größte Potenzial haben. Dabei sollten man zwei Prinzipien beachten:
Möglichst in wenige, zusammenhängende Werttreiber (Bündel von Werttreibern) investieren, dann verzettelt man sich nicht und hebt sich von anderen ab. Und man sollte der Versuchung widerstehen, sich auf die Werttreiber zu stürzen, in denen man schlechter als die Konkurrenz ist. „Kein Unternehmen kann in allem gut sein.“ Die Versuchung sei allerdings groß, meint der Professor.
Am Schluss eine – für US-Beiträge typische – Anekdote: Der Autor vergaß, einer Freundin Blumen zum Geburtstag zu schicken. Als er Tage später beim Blumenladen anrief und dies erwähnte, bot ihm die Inhaberin an, für die Verspätung die Verantwortung zu übernehmen. Was er dankend ablehnte, aber im nächsten Jahr staunte er, als er wenige Tage vor dem Termin von dem Blumenladen eine Erinnerung erhielt. Da war er bereit, einen ziemlich hohen Preis zu bezahlen.