INSPIRATION: Ein unermüdlicher Macher namens Jean-Claude Biver hat mehrere Schweizer Uhrenfirmen wieder auf Erfolgskurs gebracht. In der Brand eins erläutert er seine Philosophie. Unbedingt lesenswert, ein Muster in Sachen Vorbild und Glaubwürdigkeit.
Vielleicht haben Sie ja den Beitrag von Winfried Berner in der OrganisationsEntwicklun (Einfach selbst handeln) gelesen, wo er den Change von oben beschreibt. Daran hat mich dieses Interview sehr erinnert. Der 68jährige ist offenbar ein unermüdlicher Arbeiter und wird gerufen, wenn das Unternehmen arg in Bedrängnis geraten ist.
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Was an diesem Interview so beeindruckt? Die klaren Aussagen, wie er den Turnaround angeht – nämlich niemals nach ein- und demselben Muster. ABER: Am Anfang lässt er sich Zeit. Viel Zeit, wenn es sein muss. Die braucht er, um das Unternehmen zu verstehen. Dazu beobachtet er und führt Gespräche. Auch mal, indem er mit jedem Mitarbeiter eines 800 Mann-Unternehmen frühstückt – in Gruppen, versteht sich. Weil er jedem persönlich erklären wollte, was er vorhatte.
Sein Ziel ist zu Beginn zu verstehen, warum ein Unternehmen die Dinge macht, wie sie gemacht werden. Und die will er dann mittragen und mitverantworten – sogar die Fehler, die gemacht wurden, bevor er an Bord kam. Weil er zu 100% hinter den Mitarbeitern steht. „Chef sein heißt: Alle Erfolge, die unterer meiner Führung entstehen, sollten meinem Team zugeschrieben werden.“ Und damit alle wissen, dass er es Ernst meint, bringt er auch schon mal seinen Schlafsack mit und übernachtet im Unternehmen.
Die Idee dahinter: „Wie führt man denn in einer Hierarchie? Doch nicht weil man auf seiner Visitenkarte Vorstandsvorsitzender stehen hat, sondern weil man sich vorbildlich wie ein Chef benimmt.“ Das klingt ziemlich altmodisch und ist vielleicht viel zu einfach für die meisten Change-Manager – auch wenn sie nicht müde werden zu verkünden, dass das Top-Management immer hinter den Maßnahmen stehen muss.
Das klingt aber nicht nur altmodisch, sondern auch ziemlich autoritär. So wie er mit denjenigen verfährt, die seine Vorstellungen nicht mittragen: Sie müssen gehen. Auch wenn es den CEO, den Marketingchef, den Produktionschef, den Einkaufschef und den Qualitätsverantwortlichen auf einmal trifft. Das ist konsequent, oder? Und lese ich nicht zum ersten Mal: Wer klar und deutlich signalisieren will, dass sich die Strategie und das Unternehmen verändern, der muss klare Zeichen setzen und handeln.
Aber Biver holt nicht unbedingt neue Leute von außen, um die alten zu ersetzen. Es will „unsichtbare Kräfte, Kompetenzen und Talente wecken“ und ihnen eine Chance geben.
Wer jetzt meint, dass hier klar dem hierarchischen Führungskonzept gehuldigt wird, könnte sich täuschen. An einer Stelle ist von denjenigen die Rede, die zu sehr in der alten Kultur verhaftet sind und die anstehende Demokratisierung nicht mittragen können. Ein weiterer Beleg für die These, dass die Veränderung von oben kommen muss, um das alte System zu erschüttern – und andere Formen der Zusammenarbeit einzuführen.
Das Interview weckt Lust, die Autobiografie Bivers zu lesen – mal schauen, ob ich dazu komme…