KRITIK: Von wegen Homeoffice – Arbeitgeber müssen sich bald keine Gedanken mehr darüber machen, ob ihre Mitarbeiter im Großraumbüro oder zu Hause sitzen, sie müssen auch keine Heimarbeitsplätze einrichten. Eine Tastatur, eine Maus und eine VR-Brille (Virtual Reality) genügen. Utopisch?
Während ich das schreibe, sitze ich zu Hause auf dem Sofa. Ich schaue über den Bildschirm meines Laptops hinweg durch ein bodentiefes Fenster auf eine Wiese, den herbstlichen Himmel und kahle Bäume. Tatsächlich ist das nicht der einzige Platz in der Wohnung, an dem ich an meinen Texten arbeite. Ich wechsle den Ort je nach Stimmung, Tageszeit und aus welchen Gründen auch immer. Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen ich einen festen Schreibtisch hatte, mit fest installiertem Rechner und einer Menge Papier um mich herum. Und der Ausblick aus dem Fenster war unterschiedlich attraktiv.
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Die Zukunft sieht etwas anders aus
In ihr setze ich mir eine Brille auf und alles, was ich sonst noch benötige, ist eine Tastatur und vielleicht nicht einmal mehr diese. Den Raum, in dem ich mich befinde, suche ich mir aus oder gestalte ihn mir selbst. Unter freiem Himmel, am Meer, im Wald, lichtdurchflutet oder sanft ausgeleuchtet. Mein Bildschirm ist ersetzt durch eine große Leinwand. Die Buchstaben und Zeichen so groß, wie ich es gerne hätte, aber nicht mehr unmittelbar vor meiner Nase, sondern augenschonend in angemessener Entfernung. Ich muss auch nicht mehr ständig zwischen Programmen hin und her wechseln oder mehrere Bildschirme im Blick haben. Möchte ich zu einer anderen Anwendung wechseln, drehe ich nur leicht den Kopf und schaue auf meine E-Mails. Drehe ich ihn zur anderen Seite, sehe ich die Playlist mit meiner Lieblingsmusik.
Während all dem kann ich in irgendeinem winzigen Raum sitzen, in einer Ecke oder noch im Bett. Und wenn ich Feierabend machen möchte, setze ich die Brille ab und das Büro verschwindet.
Das ist natürlich längst noch nicht alles. Mit Hilfe der Brille spaziere ich auch durch Gebäude, Fabrikhallen, durch ein Flugzeug, ein Raumschiff oder was auch immer ich mit anderen zusammen entwerfe oder plane – dafür muss niemand mehr vor Ort sein.
Ortlos
Der Beitrag in der Wirtschaftswoche (E-Mails aus der Umlaufbahn) macht recht anschaulich klar, was uns die Zukunft bringt. Das steckt wohl auch hinter dem, was Facebook mit seinem Metaverse plant: Eine virtuelle Parallelwelt. In der wir dann irgendwann auch den Kollegen begegnen, die mit uns diskutieren und Dinge entwickeln, während sie in einem Café am anderen Ende der Welt sitzen mit einer VR-Brille auf der Nase.
Die Vorstellung fühlt sich mehr als seltsam an. So manchem wünscht man sicherlich eine schönere Arbeitsumgebung. Und es ist auch gar nichts dagegen zu sagen, wenn Menschen irgendwann nicht mehr durch die Welt fliegen müssen, weil sie die Gestaltung eines Gebäudes, einer Maschine oder was auch immer im virtuellen Raum genauso gut leisten können. Aber allein der Begriff „Parallelwelt“ lässt mich schaudern. Ich weiß, das gibt es längst und gab es vermutlich schon immer. Ob wir in Büchern versinken, in Filme eintauchen, uns in Vergnügungsparks mit nachgebauten Landschaften tummeln oder in Serien mit den Hauptfiguren mitfiebern – wir leben immer mal wieder in „fremden“ Welten. Vielleicht ist diese virtuelle Realität dann auch nur eine weitere Möglichkeit, für oder gegen die wir uns dann je nach Situation entscheiden müssen.