INSPIRATION: Das kennt jeder, ob aus dem privaten oder beruflichen Umfeld: Jemand stellt eine Behauptung auf, die unschwer als Bewertung zu erkennen ist („Das Essen in diesem Restaurant ist mit Abstand das beste in der Stadt!“ – „Das Projekt wird nie zu einem Erfolg führen!“), und in uns regt sich sofort Widerstand. Warum? Weil hier etwas verabsolutiert wird. Wenn sich das mit meiner Meinung deckt, ist es prima. Sehe ich es anders, dann hat der andere oder ich Recht – es gibt keine andere Möglichkeit. Also beginnt man darum zu streiten, wer denn nun Recht hat.
Die Alternative zur verabsolutierten Bewertung ist nicht KEINE Bewertung, sondern eine, die unklar bleibt. Egal wie sachlich wir miteinander sprechen – ohne Bewertungen geht es nicht, sie sind letztlich die Voraussetzung für Entscheidungen. Das Problem der verabsolutierten Bewertung ist, dass sie dem Konflikt seine Freiheitsgrade nimmt (Wenn „falsch“ richtig ist). Wenn die Bewertung unklar bleibt, „parkt der Konflikt gewissermaßen das Urteil, was richtig und falsch ist“.
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Klaus Eidenschink macht deutlich, dass damit aber absolute Urteile nicht stets abzulehnen sind. Sie haben durchaus ihre Berechtigung. Wenn jemand mich beleidigt, ist eine klare Stellungnahme vielleicht sehr sinnvoll („Ihre Äußerung ist in dieser Form nicht akzeptabel!“), um deutlich zu machen, dass hier eine Grenze überschritten wurde. Ebenso kann es sinnvoll sein, eine verabsolutierte Wertung zu äußern, um genau die Diskussion auszulösen, die Festgefahrenes, Gewohntes aufbricht und andere dazu bringt, ihre Einwände ebenso deutlich zu äußern. Oder anders: „Funktional ist ein solcher Kommunikationsstil nur dann, wenn dem Gegenüber nicht anders zu vermitteln ist, wie wichtig einem die Sache ist.“
Konflikt-Kompetenzen
Nur, das muss einem dann klar sein, gewinnt der Konflikt dann in der Regel an Dynamik. Umso mehr, wenn es dabei um Grundlegendes geht. Um Werte, die der jeweiligen Seite besonders wichtig sind, die für ihre persönliche Identität stehen oder für die einer Gruppe, einer Abteilung, eines Teams. Diese Werte sorgen für Stabilität, für Orientierung. Soll heißen: Wenn wir diesen Weg wählen, dann muss uns klar sein, dass der Konflikt am Ende entweder zur Unterwerfung, zum Abbruch der Beziehung oder zum „bezuglosen Nebeneinander“ führt.
Tja, was nun? Sowohl verabsolutierte als auch unklare Bewertungen haben ihren Sinn. Das eine ist nicht besser als das andere, hat aber einen sehr unterschiedliche Bedeutung für den Verlauf eines Konfliktes. Was bedeutet das in der Praxis? Die Antwort: „Wir brauchen einen kompetenteren Umgang mit eigenen und fremden Bewertungen.“ Und das ist gleich ein ganze Bündel von Kompetenzen:
- Man muss sich von der Behauptungskommunikation lösen können. Bedeutet: Man muss in der Lage sein, die eigene Wahrheit als eine von mehreren möglichen zu sehen.
- Man braucht „Mentalisierungskompetenz“, soll heißen: Man muss in der Lage sein, die Dinge sowohl aus dem Blickwinkel des anderen als auch die eigene Haltung von außen zu betrachten.
- Man muss Spannung aushalten können, die zwangsläufig in derartigen Situationen entsteht.
Um dem eigenen Kommunikationsstil auf die Schliche zu kommen, helfen Reflexionsfragen wie: „Habe ich persönliche Werte, für die ich einstehe, ohne mir Abweichungen zu erlauben?“. Oder: „Welche besonders starken Überzeugungen anderer kann ich nicht unwidersprochen hinnehmen?“. Und viele mehr, die auch im Buch von Klaus Eidenschink zu finden sind.