WEBTALK: China ist in aller Munde – und wird offenbar als Bedrohung wahrgenommen. Vor allem wirtschaftlich. Da ist von der Überflutung der Weltmärkte mit Billigwaren die Rede, von Staatssubventionen, die den lokalen Unternehmen massive Vorteile verschaffen, von billigen Arbeitskräften bis zu Zwangsarbeit, von Kopieren bekannter Marken und Produkte und hemmungsloser Wirtschaftsspionage. Kein sehr vertrauenserweckender Partner für wirtschaftliche Beziehungen.
Und dann lesen wir von Unternehmen, die in Sachen Agilität den westlichen Firmen weit voraus sind. In großen Unternehmen gibt es selbstorganisierte Teams mit hoher Autonomie – jedes Team ist für Entwicklung, Herstellung und Produktion verantwortlich, im Extremfall besteht es aus drei Personen – je nach Produkt. Haier ist in über 4.000 Mikrounternehmen, jeweils bestehend aus 10 bis 15 Mitarbeitern, aufgeteilt. Solche MUs können von jedem Mitarbeiter gegründet werden, der eine überzeugende Geschäftsidee hat. Ähnliche Strukturen gibt es bei Alibaba.
Anzeige:
Die Arbeitswelt braucht agile Coachs, um Selbstorganisation, Innovation und neues Rollenverständnis zu implementieren. Die Neuerscheinung „Agiler Coach: Skills und Tools“ liefert für jeden agilen Coach eine beeindruckende Bandbreite an Grundlagen, Methoden und Werkzeugen für die Team- und Mitarbeiterentwicklung im agilen Arbeitsalltag. Zum Buch...
Völlig erstaunlich: Wenn ein MU schlechte Leistungen zeigt, kann es auch Pleite gehen. Vorher aber wird der Leiter abgelöst, die Mitarbeiter lassen sich von drei oder vier Kandidaten deren Pläne vorlegen und entscheiden, wer das MU in Zukunft leitet. Oder Führungskräfte, die meinen, es besser zu können, versuchen, das MU zu übernehmen, indem sie sich bei dem Team um den Chefposten bewerben. Angeblich gibt es keine Eingriffe der Zentrale.
Widersprüche
Und das in einem Staat, in dem alles von einer Partei zentral gesteuert wird? Über diese und andere Widersprüche und was wir hiervon lernen können, sprach ich am 14.1.25 mit Zhengrong Liu, ehemaliger Personalchef von Lanxess und neun Jahre im Vorstand von Beiersdorf.
Das sind die Fragen:
- Wie geht es einem Chinesen, wenn er mit dem China-Bild hierzulande konfrontiert wird?
- Wie passen die genannten irritierenden Widersprüche zusammen? Sind es überhaupt Widersprüche?
- Welche Widersprüche gibt es sonst noch? Stichwort: Kollektivismus versus Individualismus.
- Wie blicken Chinesen auf die westliche Welt – speziell Deutschland?
- Was müsste passieren, damit man voneinander profitiert?