KRITIK: Wenn Unternehmen feststellen, dass die vorhandenen Beschäftigten in ihrer aktuellen Funktion nicht mehr benötigt werden, gibt es intelligentere Möglichkeiten als Kündigungen: Man könnte ihnen die Möglichkeit geben, neue Fertigkeiten zu erwerben, mit denen sie an anderer Stelle Nutzen stiften können. Denn aktuell ist es mal wieder so weit: Auf der einen Seite drohen Massenentlassungen, während woanders Fachkräfte händeringend gesucht werden.
Und das ist kein herbeigeredetes Problem, und es betrifft keineswegs nur die großen und mittelständischen Unternehmen: Ärzte schließen ihre Praxen, weil ihnen die Mitarbeitenden ausgehen, Restaurants machen dicht, weil ihnen das Personal fehlt. Der Mangel an Personal auf der einen und die Kündigungen auf der anderen – lässt sich das mit Re- oder Up-Skilling lösen?
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Schon erstaunlich, wie solche Begriffe in die Welt kommen. Ach ja, noch einen neuen Begriff habe ich soeben kennen gelernt: Re-Globalisierung. Gemeint ist, dass sich die Globalisierung in einem Transformationsprozess befindet. Sieh an … (Zwischen Up-, Re- und De-Skilling).
Früher sagte man: Weiterbildung
Aber zurück zum „Skilling“. Früher sagte man „Weiterbildung“, wenn es darum ging, Menschen so zu schulen, dass sie den wachsenden oder sich verändernden Anforderungen an ihren Job gerecht werden konnten. Als der Computer die Schreibmaschine ersetzte, brauchte es Schulungen, um – im gleichen Job – weiter seiner Tätigkeit nachgehen zu können. Oder in ihr besser und effizienter zu werden. Schulungen von Vertrieblern zum Beispiel. Oder von Führungskräften.
Jetzt kommt etwas Neues hinzu – dass nämlich ganze Tätigkeitsbereiche entfallen. Dann braucht es Re-Skilling – was früher vermutlich mit Umschulung beschrieben wurde. Der Automechaniker, der jetzt keine Benziner mehr instandsetzt, sondern E-Autos, wird vielleicht noch klassisch weitergebildet. Aber der Mitarbeiter, der am Bankschalter für die Kunden Überweisungen ausfüllt, wird schon bald gar nicht mehr benötigt – da stellt sich die Frage, wo er in Zukunft eingesetzt werden soll.
Aber was ist dann „Up-Skilling“? Als Beispiel wird die Fachkraft genannt, die nun höherwertige Tätigkeiten ausüben soll. Der Maschinenbau-Ingenieur, der für digitale Fertigungssysteme fit gemacht wird. Würde ich noch unter Weiterbildung fassen. Oder der von der Fach- zur Führungskraft entwickelt wird. Tja, diese werden immer weniger benötigt, und ehrlicherweise muss man zugeben, dass hierfür bisher auch Weiterbildungsmaßnahmen gereicht haben.
Basismitarbeitende!
Mit anderen Worten: Beide Begriffe sind überflüssig. Klingen vielleicht besser, aber wer fällt darauf noch rein? Bleibt ein dritter, nämlich das „De-Skilling“. Sie ahnen es? Gemeint ist der Prozess, bei dem aus „zuvor qualifiziert eingesetzten Mitarbeitenden Basismitarbeitende“ werden. Das sind jene, die einer Tätigkeit nachgehen, „die keiner formalen Qualifikation bedarf“. Im Ernst jetzt? Da ist jemand mit fachlichen Fähigkeiten und einer absolvierten Ausbildung, dem man jetzt mitteilt: „Wir bieten Ihnen ein De-Skilling“ an“? Klingt erst mal absurd.
Menschen, die keine formale Ausbildung haben, also „nur“ angelernt wurden, sollen „bereits ein Fünftel der Erwerbsbevölkerung ausmachen“. Was wohl bedeutet, dass sie ohne großen Aufwand durch andere Basismitarbeitende ausgetauscht werden können. Die man dann ebenso schnell wieder anlernen kann. Als Beispiel werden Tätigkeiten genannt, die einmal anspruchsvoll waren, aber nun automatisiert wurden und nur noch der Kontrolle durch den Menschen bedürfen.
Ich stelle mal in Frage, ob man Kontrolltätigkeiten ausüben kann, ohne Ahnung von den Prozessen zu haben. Aber das ist nicht das eigentliche Problem. Wenn der Personaler meint, durch solche Euphemismen oder vermeintliche „Fachbegriffe“ Eindruck beim Management schinden zu können, dürfte das mehr dazu beitragen, sich weiter lächerlich zu machen.
So stelle ich mir die Präsentation vor: „Es ist uns gelungen, drei Programmierer zu KI-Experten weiterzubilden (Up-Skilling), zwei sind zu Kundenbetreuern umgeschult worden (Re-Skilling) und einer sitzt jetzt am Empfang (De-Skilling)“. Dazu noch eine bunte Grafik – und schon hat HR einen entscheidenden Beitrag zum Geschäftserfolg erzielt …