27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Absichtsvermutung

Haben Sie schon mal was vom „Intentional Stance“ gehört? Der Begriff stammt laut Rolf Dobelli vom amerikanischen Philosophen Daniel Dennett und bedeutet, dass wir hinter jeder Veränderung eine Absicht annehmen. Große Erfindungen, so glauben wir, basieren auf dem gezielten Hinarbeiten auf diese. Und historische Ereignisse ebenso.

Ein Smartphone existiert nur deshalb, weil es einen Steve Jobs gab, die Glühbirne, weil es einen Thomas Alva Edison gab. Die Apartheid endete dank Nelson Mandela, die Reformation verdanken wir Martin Luther. Ohne sie, so die Annahmen, gäbe es das alles nicht. Die Folge ist, dass wir die Weltgeschichte als Geschichte großer Männer verstehen. Und diese entsprechend als Helden bewundern.

Falsch, sagt Rolf Dobelli (Weltveränderungsillusion, die Erste). Oder besser: Sagt Matt Ridley. Nach ihm waren diese Männer nur zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort – wofür sie gar nichts konnten. All das, was sie dann in Gang gesetzt haben, wäre auch ohne sie geschehen – und dann würden wir jemand anderen verehren.

Die Erklärung ist interessant. Diese Absichtsvermutung stammt wie so vieles aus unserer Vergangenheit. Wenn es im Gebüsch raschelte, war es schlau, dahinter einer Absicht, z.B. ein wildes Tier, zu vermuten. Auch wenn es in 99% wohl eher der Wind war – diese Vermutung hätte dann in dem restlichen einem Prozent das Leben gekostet. Und so vermuten wir bis heute hinter allem, was geschieht, eine bestimmte Absicht.

Was folgt daraus? Wer glaubt, dass bedeutsame Dinge auf dem Einsatz und der Genialität großer Männer beruhen, der glaubt halt an solche Sätze wie: „Wir können die Welt verändern“ (Nelson Mandela). Das predigen auch die neuen Helden, ob sie nun Jeff Bezos (Amazon) oder Elon Musk (Tesla) heißen und deshalb riesige Raketen in den Himmel schießen. Was wiederum für viele junge und ältere Träumer bedeutet, wenn sie keine weltbewegenden Dinge anstoßen oder erfinden oder eben nicht das nächste Start-up mit Millionen-Bewertung gründen, nichts geleistet zu haben.

Aber bedeutet es auch, es nicht zumindest zu versuchen? Es kann ja sein, dass die großen Veränderungen ohnehin passiert wären, die großen Erfindungen auf jeden Fall gemacht worden wären, nur dann eben von jemand anderem. Aber was hilft mir das, wenn ich vor einer Entscheidung stehe? Soll ich mich dann zurücklehnen und sagen: „Lass mal, warum sollte ich derjenigen sein? Wird schon irgendwann von jemand anderem entdeckt.“ Klar, hätte es keinen Gandhi gegeben, wäre Indien auch irgendwann unabhängig geworden. Hätte Gandhi deshalb sagen sollen: „Och, lass mal einen anderen machen …“?

Natürlich hat Dobelli Recht: Wenn einem das nicht gelingt, hat man nicht versagt, sondern sollte sich klarmachen, dass man eben nicht zufällig am richtigen Ort zur richtigen Zeit war. Dann geht es einem besser. Der Satz: „Du kannst die Welt verändern!“ gilt dennoch. Irgendjemand muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein – und dann eben loslegen. Der Satz müsste nur ergänzt werden: „Es zu versuchen, ehrt dich. Es nicht zu schaffen, ist aber kein Grund, zu verzweifeln.“ Und warum sollen wir diejenigen, die es versucht UND geschafft haben, nicht wenigstens für ihren Versuch ehren?

Übrigens: Da fällt mir ein: Gilt das auch für die großen Verbrechen der Menschheit? Hätte es den 2. Weltkrieg auch ohnen einen Hitler gegeben? Wäre sonst an seiner Stelle jemand mit der gleichen „Idee“ gekommen?

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