INSPIRATION: Eine Mammutaufgabe, so viel scheint klar. Wie sorgt man dafür, dass ein großes Unternehmen agiler wird? Geht das überhaupt? Zwei Beispiele, wie Konzerne das ermöglichen wollen.
Da ist zum einen der viertgrößte IT-Konzern der Welt, SAP, dessen Personalchef in der wirtschaft + weiterbildung erklärt, dass man in seinem Unternehmen an sechs Stellhebeln ansetzt (Sechs Dinge, die die SAP agiler machen):
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- Natürlich vor allem an der Führung – die soll ab sofort auf Vertrauen beruhen. Dazu ermittelt man per Feedback einen „Leadership-Trust-Index“, und wenn der nicht gut ist, dann „sorgt die SAP mit Coaching und Training dafür, dass der Führungsstil sich in die richtige Recihtung entwickelt.“ Das sind mal kernige Ansagen.
- Performance-Management: Man verzichtet auf die jährlichen Zielvereinbarungen, weil die Ziele sich ja so schnell ändern, dass am Jahresende keiner mehr weiß, was man eigentlich vereinbart hatte. Und es gibt auch keine Notensysteme mehr, mit denen Mitarbeiter bewertet werden. Über Ziele wird regelmäßig am Ende eines Jour fixe gesprochen, und Gehaltserhöhungen werden nicht nach Noten gewährt, sondern die Führungskraft muss sie sinnvoll begründen. Mal schauen, wie lange das Bestand hat…
- Lernen: Online-Lernen heißt das Zauberwort, Lernen wird kleinteiliger. Und wer Fehler macht, wird dafür nicht bestraft.
- Organisation: Da ist noch vieles im Fluss, bisher sind agile Strukturen wohl nicht auf die Verwaltung oder den Vertrieb übertragbar. Man arbeitet daran.
- Werte: Diese wurden in Hunderten von Workshops mit den Mitarbeitern entwickelt, sie kommen in fünf einfachen Verhaltensgrundsätzen zum Ausdruck:
– Drücken Sie sich klar und ehrlich aus.
– Bleiben Sie neugierig.
– Respektieren Sie Unterschiede.
– Halten Sie Ihre Versprechen.
– Bauen Sie Brücken statt Barrieren.
Dass ich arg skeptisch bin, wenn man „bottom-up“ Werte für ein Unternehmen entwickelt, habe ich oft genug ausgedrückt. Weil überall die schönsten Werteversprechen verfasst werden, die dann anschließend im krassen Gegensatz zum Verhalten des Managements stehen. Ob das bei SAP anders ist? Zumindest der erste und vierte Satz lassen sich einigemaßen überprüfen bzw. einfordern – auch beim Top-Management. - Transparenz: Man verzichtet auf Herrschaftswissen, alle Informationen sollen allen in Echtzeit zur Verfügung stehen. Wenn das wirklich geschieht – Hut ab!
Beim IT-Dienstleister ORBIT, der zur Telekom gehört, geht man offenbar ähnliche Wege und in einem Bereich noch einen Schritt weiter. Auch dort gibt es ein Feedback für Führungskräfte, auch dort werden Führungskräfte durch Trainings in Sachen Führung und Feedback geschult, aber hier werden sie sogar von den Mitarbeitern ausgewählt. Grundsätzlich kann sich jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter um eine Führungsposition bewerben. Ein Gremium aus Mitarbeitern, Betriebsrat und Geschäftsführung entscheidet dann in geheimer Wahl über die Besetzung. Das klingt revolutionär (Als IT-Dienstleister unverkennbar werden), auch wenn das Verfahren in dem Beitrag nicht genauer erläutert wird.
Es tut sich was in Sachen Führungskultur, und das allein ist schon ein starkes Stück.