KRITIK: „Jeder hasst Silos, doch sie entstehen ganz natürlich und sind nicht zu vermeiden“, zitiert Autor Roman Stöger (Lob dem Silo) Leonardi und Contractor (Wie Sie die besten Mitarbeiter finden). Und seine Replik auf das geläufige Business-Mantra klingt absolut überzeugend: Was wären wir ohne Abteilungen? Ohne Schubladen und Kisten? Ohne Regale? Ohne Einkaufstaschen? Wenn also im Zuge der Agilitätsdiskussion immer wieder gefordert wird, Silos abzuschaffen oder – noch so ein Bullshit-Bingo-Begriff – Out-of-the-Box zu denken, dann sollte man, statt pflichtbewusst und vorauseilend zu nicken, lieber kurz innehalten und dem Gehirn ein wenig Auslauf gönnen … „Silo oder agil? – Diese Frage führt systematisch in die Irre, weil sie falsch gestellt ist“, so der Autor.
Organisationswissenschaftler wissen das schon länger: Es gibt keine perfekte Organisation an und für sich. Es kommt immer darauf an, für welche Anforderungen (Kontext) man welche Form auswählt. Wenn man folglich heute Agilität predigt, dann weil sich die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens verändert haben. Heute hat Schnelligkeit Priorität. Da kann man sich leicht ausmalen, dass Perfektion eine vermutlich kurze Halbwertszeit hat. Wir kennen das von unseren Rechnern oder Smartphones: Laufend wollen Updates installiert werden.
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Das ist die Kehrseite der Agilität
„Agilität bedeutet die Ersetzung des Makro-Silos durch mehrere Mikro-Silos“, so Autor Roman Stöger und bezieht sich dabei auf den Management-Altmeister Peter Drucker: Das Silo ist konkret, einfach umzusetzen und führbar, weil überschaubar. Nur deshalb werden typische Organisationsprobleme sichtbar und adressierbar. Agilitätsansätze funktionieren in der Praxis, weil sie effektive Mikro-Silos kreieren (Sprint, Lab, Tribe, Hub, Scrum). Wenn man klassische Organisationsformen kritisiert, dann deshalb, weil sie offenbar angesichts neuer Herausforderungen (Tempo, Resultate, Verantwortung) Führungsprobleme offenbaren. Diese werden aber noch gravierender, wenn man nun „ambidextrische Holacracy“ einführt. Das erfordert, so Stöger, „Führung auf Champions-League-Niveau“ und überfordert damit die Mehrzahl der Führungskräfte. Und weiter: „Gute Organisationen kommen nicht mit einem Maximum an Vernetzung, Kollektivierung bzw. Kommunikation aus, sondern mit einem Minimum.“
Kluges Grenzmanagement statt Silo-Schelte
In seiner flammenden Laudatio für das Silo verpasst Autor Stöger leider die Pointe: Das Problem liegt doch nicht in der Abteilung, sondern darin, dass sie zur Schnittstelle wird. Die Lösung muss folglich in der Verbindung liegen, also in einem Grenzmanagement, dass Binnenorientierung und Außenreferenz balanciert. Dazu gibt es zahlreiche praktische Vorschläge, nicht nur in der Holacracy. Schon Altmeister Likert hat mit dem Konzept der „Linking Pins“ in den 1960er-Jahren einen gangbaren Weg gewiesen. Solche Wege müssen gegangen werden. Und das hat, da gehe ich d’accord mit Autor Stöger, definitiv mit Führung zu tun.
Aber vielleicht verstehen wir Unterschiedliches darunter? Stöger lässt schließlich seinem Unmut freien Lauf und ätzt gehörig gegen agile Organisationsansätze: „Transformationales Leadership coacht und changt in Echtzeit purpose-agile, fluide Scrum-Prozesse und Fusion-Skills für disruptive, ambidextrische Business Models in der Customer Journey-gelinkten Holacracy.“ Da mag man ihm nur allzu gerne zurufen: Mensch, Stöger, mach‘ mal locker! Führung lernt man beim Tango-Tanzen, nicht von Max Weber …