2. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Alternative Gehaltsmodelle

INSPIRATION: Beim Geld hört der Spaß auf. Gehalt hat immer etwas mit Wertschätzung zu tun. Das steckt schon im Begriff: Wie hoch schätzen Arbeitgeber und Mitarbeiter den Wert der vereinbarten Leistung ein? Die Kunst ist, hier irgendeinen Modus zu finden, dass sich die Einschätzungen annähern. Drei Varianten werden in der managerSeminare vorgestellt (Bezahlung in Bewegung).

Mich fasziniert das Thema immer wieder. Auf der einen Seite sind Menschen ungeheuer aktiv, ohne einen Cent dafür zu erhalten, Stichwort „Ehrenamt“. Offenbar gibt es eine Währung für Wertschätzung außerhalb aller Gehaltssysteme. Aber wenn Geld gezahlt wird, dann ändert sich die Einstellung. Hierzu gleich mehr im dritten Beispiel, aber erst einmal in Kürze die Modelle aus dem Beitrag.

Modelle aus der Praxis

  • Bei der Ministry Group in Hamburg (30 Mitarbeiter) hat man gemeinsam ein mathematisches Modell entwickelt. Darin steckt ein am Markt orientiertes Basisgehalt, ein auf acht Kriterien basierter Anteil für individuelle Fachexpertise, die von der Einschätzung anderer und der eigenen Einschätzung abhängt, eine Komponente für „Extraengagement“, das von Kollegen, die das möchten, bewertet wird, und einem Teil für Unternehmertum, bewertet vom Führungskreis. Klingt kompliziert, und offensichtlich ist allen Beteiligten klar, dass es absolute Fairness nicht gibt und dass man nach einer Testphase vermutlich das Modell anpassen wird.
  • Bei Seibert Media in Wiesbaden (175 Mitarbeiter) werden alle zwei Jahre „Gehalts-Checker“ gewählt, die Gehälter sind transparent für alle. Die Gehaltsvorschläge werden den Checkern von den Teams selbst gemacht. Und dann erstellen diese eine finale Liste der Gehaltsanpassungen auf Basis des Gesamtrahmens, der von den Gesellschaftern zur Verfügung gestellt wird. Kommt es danach zu Unzufriedenheit, führen die Gehaltschecker persönliche Gespräche. Interessante Entwicklung: Man stellte irgendwann in Frage, ob eine jährliche Anpassung überhaupt sinnvoll ist. Ab diesem Jahr finden Gehaltsdiskussionen nur noch dann statt, wenn Mitarbeiter Bedarf anmelden. Daneben gibt es eine prozentuale Anpassung, die als eine Art Inflationsausgleich wirkt. Spannend, oder? So kommt man weg von dem Automatismus, dass jeder jedes Jahr mehr Geld erwartet. Ob’s funktioniert? Vermutlich wird es auch hier nach kurzer Zeit wieder Anpassungen geben.
  • Bei CPP Studios in Offenbach (30 Mitarbeiter) bekommt jeder Mitarbeiter, egal in welcher Rolle, das gleiche Gehalt, nur der Geschäftsführer etwas mehr, der mit seinem Vermögen haftet. Und die Auszubildenden werden nach Tarif bezahlt. Am Ende des Jahres wird dann je nach Unternehmensergebnis gemeinsam entschieden, wie viel als Bonus ausgeschüttet und wie viel zurückgelegt oder ins Unternehmen investiert wird. Wichtig zu wissen: Hier gibt es keine Titel und Hierarchien, und wichtige Entscheidungen werden einstimmig getroffen bzw. jeder hat ein Veto-Recht. Der Vorteil: Das Einheitsgehalt erspart entnervende Diskussionen, Auseinandersetzungen und Grabenkämpfe und sorgt dafür, dass die ersparte Zeit für Sinnvolleres verwendet werden kann.

… und Nebenwirkungen

Und jetzt das Spannende: Im letztgenannten Unternehmen erhielten die Azubis nach der Ausbildung sofort das Einheitsgehalt. Das erzeugte Unzufriedenheit, weil es als ungerecht empfunden wurde, dass diese praktisch „ins gemachte Nest“ fielen, während die anderen sich den Verdienst hart erarbeitet hatten. Also führte man ein Staffelsystem ein, danach erreichten die Azubis erst nach drei Jahren das Einheitsgehalt. Mit einem überraschenden Effekt: Das geringere Gehalt bremste das Engagement nach dem Motto: Warum soll ich mich so engagieren, wenn ich weniger bekomme als die anderen? Das Modell wurde erneut diskutiert und man kehrte zum alten System zurück.

Was folgt daraus? Menschen passen ihr Verhalten dem Gehalt an, weil sie Gehaltsunterschiede als eine unterschiedliche Bedeutung ihrer Person, ihrer Arbeit und ihrer Verantwortung interpretieren – Stichwort „WERT-SCHÄTZUNG“. Eine Erfahrung, die der Inhaber (und der schließe ich mich vollkommen an) schon vorher gemacht hatte: „Selbst in einem Vier-Leute-Unternehmen reicht es aus, um jemanden in den Chefstatus zu heben … Kollegen mutieren innerhalb kürzester Zeit zu kompletten Arschlöchern und ließen sich korrumpieren …“

Tja – welches Modell ist das richtige? Das, was zur Haltung des Inhabers und zum Unternehmen passt. Man muss sich eben überlegen, welche Werte gelten sollen und vor allem, welche Nebenwirkungen ein System erzeugen wird. Und sich vor allem darauf einstellen, flexibel zu bleiben und immer wieder Anpassungen vornehmen zu müssen.

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert