21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Anerkennungsverlust

KRITIK: Hartes Schicksal: Da ist man auf dem Weg „nach oben“, aber dann überlegt sich jemand noch weiter oben, dass der nächste Schritt zur Seite erfolgen soll. Oder noch schlimmer: Zurück ins Team. Oder noch viel schlimmer: Ein ehemaliger Mitarbeiter wird Teamleiter. In der Wirtschaftswoche werden zwei Beispiele beschrieben, bei denen es Führungskräften so ergangen ist (Plötzlich degradiert) und wie sie diesen „Verlust“ erlebt haben.

Das Problem könnte in Zeiten noch flacherer Hierarchien oder „hierarchischen Großreinemachens“ als Folge von Krisen immer häufiger auftreten. Und egal, ob zum Zwecke der Einsparung von Personalkosten oder aus managementtheoretischen Überlegung (von wegen „unser Unternehmen soll agiler werden“) – das vorläufige Ende der ersehnten Führungskarriere tut weh.


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Wenn Führungskräfte Verluste erleben

Die Fachleute erklären, warum das so schlimm ist. Führungskräfte sind erfolgsverwöhnt und können nicht mit Misserfolgen umgehen, heißt es. Wer Führungskraft wird, hat in der Regel ein ausgeprägtes Kontrollbedürfnis, und plötzlich dürfen sie niemanden mehr kontrollieren, sondern werden selbst kontrolliert. Kein Wunder, dass sie solche Entscheidungen als Anerkennungsverlust erleben. Da so etwas aber zunehmen wird, sollten „Spiralkarrieren“ viel mehr Wertschätzung bekommen. Gemeint ist, dass es eben auch mal einen Schritt zur Seite geben darf, ohne dass man gleich das Ende aller Träume befürchten muss.

Keine Frage: Wer im Beruf den Entscheider spielen und anderen sagen darf, was sie zu tun oder zu lassen haben, der wird sich sehr schwer tun, diese „Elternrolle“ aufzugeben. An dem Beispiel, bei dem ein ehemaliger Mitarbeiter plötzlich im neuen Unternehmen zum Chef aufsteigt, wird das sehr schön deutlich. Dem neuen Chef fiel es schwer, seinem Ex-Chef zu sagen, was er von ihm wollte und fühlte sich unsicher, als dieser nach wie vor versuchte, ihm reinzureden und Vorschriften zu machen. Dieser wiederum kam aus seiner vertrauten Rolle, nämlich Anweisungen zu erteilen, nicht raus. Die Lösung: Reden, reden, reden. Und der Tipp für den neuen Chef: Empathie! Sich in die Situation des anderen zu versetzen. Was in dem Beispiel wohl gelang, heute arbeiten sie gut zusammen und möchten die Zusammenarbeit auch nicht missen.

Menschliche Bedürfnisse

Über den Satz „Menschen, die Führungsaufgaben übernehmen, haben oft ein großes Kontrollbedürfnis“ bin ich gestolpert. Und habe mich an ein Buch erinnert, das mir bis heute gute Dienste erwiesen hat: Macht, Leistung, Freundschaft. So wie im Titel schon angedeutet ist, kreisen unsere Gedanken um drei Themenkomplexe: Um Leistung, Freundschaft/Gesellung und um Macht/Einfluss. Was in dem Buch ziemlich gut erklärt wird und im Grunde jeder mit ein wenig Reflexionsfähigkeit ausgestattete Mensch für sich recht zuverlässig einschätzen können sollte.

Was ich bei vielen Führungskräften beobachte (und ja nicht weiter verwunderlich ist), ist ein stärker ausgeprägtes Einfluss-Bedürfnis. Das kann sich natürlich als Kontrollbedürfnis zeigen, aber auch in anderen Spielarten. Sie wollen Menschen überzeugen, begeistern, steuern bis hin zu manipulieren. Oft geht dieses Bedürfnis einher mit dem Leistungsmotiv – sie wollen Ziele erreichen, zum Ergebnis kommen, gewinnen, „Erster“ sein.

Menschen mit einem starken Gesellungsmotiv tun sich da schon schwerer, anderen Vorschriften zu machen, denn das geht nicht so gut, ohne sich gegen Widerstand durchzusetzen.

Das Dilemma

Und damit ist das Dilemma von Organisationen, die Hierarchien abbauen, eigentlich gut erklärt: Sie müssen die Leistungs- und Machtmotivierten enttäuschen, denen sie bisher versprochen hatten, über eine Führungskarriere ihre Bedürfnisse zu erfüllen. Sie müssten ihnen Alternativen anbieten. Wie kann man in einer flachen Organisation ohne Vorgesetzten Einfluss ausüben? Wie kann man nach Leistung und Gewinn(en) streben? Sie mit der Aussicht zu locken, jetzt im Team „viel Spaß haben zu können“, wird und kann nicht funktionieren. Die Herausforderung besteht darin, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden, ohne einen internen Wettkampf um die wenigen Positionen „an der Sonne“ auszulösen. Da wartet noch viel Arbeit auf Organisations- und Personalentwickler.

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