INSPIRATION: Familienunternehmen gelten als das Rückgrat der Wirtschaft. Mehr als 80 Prozent aller deutschen Unternehmen sollen sich in Familienhand befinden. Mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze im privatwirtschaftlichen Sektor bestehen dort. Eine sichere Bank also? Doch der Volksmund spottet: Die erste Generation erbaut‘s, die zweite erhält‘s und bei der dritten verfällt’s. Schaffen Familienunternehmen es, über die Dauer innovativ zu bleiben? Und wenn ja, wie?
Nadine Kammerlander (Innovative Vorreiter?) vom WHU-Institut für Familienunternehmen & Mittelstand knöpft sich das sogenannte Tradition- vs. Innovation-Dilemma vor. Ältere Literatur bewertet die Innovationskraft von Familienunternehmen kritisch. Ein „das haben wir schon immer so gemacht“-Mantra, Risikoscheu und eine patriarchale Kultur werden beispielsweise gerne als Bremsklötze benannt. Und doch befinden sich laut Forbes mehr als 50 Prozent der innovativsten Unternehmen in Familienhand. Werden da also Vorurteile zementiert?
Anzeige:
Personal- und Organisationsentwicklung, die über Trainings- und Prozessoptimierung hinausgeht.
Wir glauben an die unbegrenzten Entwicklungsmöglichkeiten von Menschen, Strukturen und Prozessen. Unsere Mission ist es, Personen und Unternehmen bei dieser Entwicklung zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen.
Zur Webseite...
6 Innovations-Stärken von Familienunternehmen
Inzwischen werden in der Forschung auch andere Erklärungsansätze diskutiert, z.B. dass Familienunternehmen in anderen Zeitspannen denken. Und dass man dort eine „Tradition der Innovation“ pflegt, also nicht nur Gutes vererben möchte, sondern auch von der jungen Generation einen eigenen Beitrag fordert. Nadine Kammerlander benennt sechs Innovations-Stärken von Familienunternehmen:
- Struktur: Es gibt kurze Wege und damit schlanke Entscheidungsprozesse.
- Kultur: Loyalität wird wertgeschätzt und führt zu einem hohen Verantwortungsgefühl. Das animiert Mitarbeiter.
- Unternehmertum: Der Nachwuchs wird früh gefördert und entwickelt Herzblut.
- Netzwerk: Langjährige Beziehungen zu Zulieferern oder Kunden mögen überschaubar sein, sind aber verlässlich, weil sie auf Vertrauen beruhen. Das begünstigt Ko-Kreation.
- Implizites Wissen: Der langjährige Wissensschatz von Familienunternehmen ist deren Kapital.
- Kontrolle: Es ist ihr Geld, deshalb haben sie ein wohlwollendes, aber auch sparsames Auge auf die Ressourcen.
In der Gründergeneration mag das Prinzip „Innovation durch Genie“ gelte, so die Wissenschaftlerin. Doch in späteren Generationen ist das Prinzip „Innovation durch Führung“ entscheidend: „Diese Erwartungen [sind] völlig überzogen. Man braucht kein fachliches Genie zu sein, um erfolgreich und innovativ ein Familienunternehmen in späterer Generation zu leiten.“ Und hier lassen sich einige sehr clevere Ansätze beobachten: So kann man ein Team aus (internen oder externen) Experten implementieren, das Innovationen treiben kann. Auch der transformationale Führungsstil in sehr hilfreich, weil er die Mitarbeiter empowert. So wird die Organisationskultur partizipativer.
Sorgenkind: Digitalisierung
Und doch gibt es ein Sorgenkind: Die Digitalisierung. Hier hinken die Familienunternehmen noch hinterher. „Weniger als 20 Prozent der befragten Familienunternehmen nutzen z. B. „Big Data“ für ihr Unternehmen und weniger als zehn Prozent Zukunftstechnologie (z. B. VR, AR, KI).“ Allerdings haben hier einige Unternehmen schon pfiffige Lösungsansätze entwickelt. Man holt sich die Kompetenz in den Beirat oder ins Top-Management-Team. Erfolgversprechend ist auch das „Internal Corporate“-Venturing-Modell. Hier entwickelt die junge Generation quasi ein Start-up-Beiboot zum Familienunternehmen – unabhängig, aber in gutem, wohlwollenden Kontakt.
„Familienunternehmen, die es schaffen, ein attraktiver Arbeitgeber für junge Talente zu werden“, so die Wissenschaftlerin, „werden auch in der Zukunft einen Wettbewerbsvorteil haben.“ Das muss sich nur noch bei den Absolventen rumsprechen, die bislang noch allzu gerne die „großen Marken“ bewundern.