5. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Ein Klassiker der Kommunikationslehre

REZENSION: Marshall B. Rosenberg: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Junfermann Verlag 2012

Eine meiner „Bibeln“ – und das nicht nur, weil ich Mediatorin bin! Dieses Buch hat meinen Umgang mit anderen Menschen (beruflich wie privat) stark verändert – und zwar zum Positiven. Auch wenn wir die Art, wie wir sprechen, selbst nicht als aggressiv bezeichnen würden, führen unsere Worte doch häufig dazu, dass andere – und / oder in der Folge auch wir selbst – sich verletzt fühlen. Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) hilft uns dabei, die Art und Weise, wie wir uns ausdrücken, so umzugestalten, dass es nicht mehr zu solchen Verletzungen kommt. Die GFK regt uns dazu an, dass wir uns aufrichtig und klar ausdrücken und anderen Menschen mit Respekt begegnen. Aus gewohnheitsmäßigen, automatischen Reaktionen werden mit Hilfe der GFK bewusste Antworten.

Marshall Rosenberg versteht es blendend, zu verdeutlichen, was aggressive Kommunikation alles anrichten kann. Er bringt dabei so viele detailliert beschriebene Praxisbeispiele, dass ich mich der Wirkung seiner Worte kaum entziehen konnte. Manche Passagen des Buchs habe ich schätzungsweise zehn oder zwanzig Mal gelesen!

Die GFK beruht auf zwei Grundhaltungen: Ich drücke mich anderen gegenüber offen aus und nehme meinerseits andere Menschen empathisch auf (d.h. ich fühle mich mit meinem ganzen Wesen in sie ein). GFK vermeidet das übliche Bewerten, Analysieren und Interpretieren und ist deshalb frei von Gewalt, Verletzungen und Kränkungen anderer.

Die GFK konzentriert sich darauf, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen, statt den Gesprächspartner direkt oder indirekt anzugreifen. Wenn ich in der Sprache der GFK kommuniziere, bringe ich in jeder meiner Aussagen zum Ausdruck

  • was ich beobachte / beobachtet habe.
  • welches Gefühl diese Beobachtung in mir auslöst.
  • welche Bedürfnisse diesem Gefühl zugrunde liegen.
  • um was ich den Gesprächspartner deshalb bitten möchte.

Was die „Techniken“ anbelangt, besteht die GFK aus vier „Haupt-Bausteinen“:

1. Schritt:
Beobachten, nicht bewerten!

  • Konkrete Handlungen beschreiben („ich sehe, höre, rieche, schmecke…“).
  • Genaue zeitliche und örtliche Angaben machen.
  • Nicht verallgemeinern (z.B. durch Worte wie „immer“ und „nie“).
  • Keine Zuschreibungen vornehmen („du bist unzuverlässig…“), sondern das tatsächlich beobachtete Verhalten genau beschreiben („du bist zweimal unentschuldigt nicht erschienen…“)

2. Schritt:
Eigene Gefühle beschreiben, die bei der Beobachtung entstehen.

  • Gefühle ausdrücken und nicht Bewertungen, Meinungen, Vorwürfe.
  • Kein Vermischen von Gefühlen und Bewertungen.
  • Unpersönliche Formulierungen (z.B. „man“ oder „es“) vermeiden.
  • In Ich-Botschaften sprechen und nicht in Du-Botschaften.

3. Schritt:
Bedürfnisse ausdrücken, die für unsere Gefühle verantwortlich sind.

  • Meine Gefühle erläutern, damit mein Gegenüber sie nicht als Beschuldigung bzw. Kritik empfindet („ich bin verärgert, weil ich…“).
  • Durch Erläuterung meiner Gefühle klarstellen, dass diese durch meine eigene Bewertung entstanden sind und in meiner eigenen Verantwortung liegen („ich bin irritiert, weil ich…“ und nicht „du machst mich irre, wenn du…“).

4. Schritt:
Bitten, nicht fordern!

  • Um spezifische, machbare Handlungen bitten.
  • Die Bitten positiv formulieren – sagen was ich will, nicht was ich nicht will.
  • Den anderen direkt ansprechen („ich möchte, dass du… tust“) und Wege zur Erfüllung des Wunsches vorschlagen.
  • Checken, ob mein Gegenüber die Bitte verstanden hat und bereit ist, sie zu erfüllen (und ob er dafür etwas von mir braucht).

Letzten Endes führt aber selbst der perfekteste Einsatz dieser Techniken nicht zum Erfolg (sondern verschlimmert die Situation eventuell sogar noch!), wenn nicht eine wertschätzende Grundhaltung vorhanden ist. Eine solche beruht vor allem auf Glaubwürdigkeit, auf Empathie und einem ehrlichem Interesse an der Lösung der Situation.

Wenn Sie dieses Buch lesen, dann stellen Sie sich auf jeden Fall darauf ein, dass es Sie ein bisschen aus Ihrem eingefahrenen Trott heraus katapultieren wird. Sie werden sich bei Ihren täglichen Gesprächen nämlich hin und wieder dabei ertappen, dass Sie ein schlechtes Gewissen bekommen, weil Sie – trotz besseren Wissens – wieder in der gewohnten, tendenziell aggressiven Weise kommuniziert haben.

Die Techniken der GFK kognitiv zu verstehen, ist wohl für die meisten Menschen nicht das Problem. (Zumal die Methodik im Buch wirklich sehr klar beschrieben wird.) Sie konsequent umzusetzen aber wohl schon eher. Es ist für mich manchmal ganz schön schwierig, auf die Schnelle zu erkennen, was ich im Moment gerade fühle und welche Bedürfnisse meinen Gefühlen zugrunde liegen! Aber wie bei fast allem im Leben habe ich die Erfahrung gemacht, dass auch hier Übung den Meister macht! Und die Anstrengung wird reich belohnt: durch wirkliche Verständigung.

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