12. April 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Entscheiden oder Coachen?

KRITIK: Da ist es wieder, das Thema „Coachende Führungskraft“. Alles schon oft genug bei MWonline besprochen (Beim Zahnarzt). Was gibt es dazu noch Neues? In diesem Fall Anmerkungen zu den praktischen Auswirkungen. Aber ein Kommentar vorweg. Autor Schlage erklärt im Personalmagazin (Dialog statt Direktion) einen gravierenden Unterschied: Coaches sind den Zielen der Klienten verpflichtet, Führungskräften den Zielen der Organisation. Das bedeutet, dass es Situationen gibt, in denen sich diese widersprechen, dann klappt das nicht mit dem Coachen.

Und dennoch, so immer wieder die These: Wenn Führungskräfte keine Coaches sein können, dann sollten sie zumindest Coachingtechniken im Gespräch mit Mitarbeitenden einsetzen, denn dieses helfen ihnen, die Mitarbeitenden zu entwickeln. Woraus folgt: Es gibt Situationen, in denen klare Entscheidungen angesagt sind: So machen wir es jetzt! – was für einen Coach tabu ist. Und dann gibt es Situationen, wo eben entwickeln wird. Nämlich dort, „wo klassische Anweisungen versagen“. Zum Beispiel im Konflikt.


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Dann kann eine Führungskraft zwar ein Machtwort sprechen, aber damit erzeugt sie mit Sicherheit Verlierer und der Konflikt ist nur aufgeschoben. Oder wenn ein Mitarbeitender ein Problem mit einem Kunden hat und einen Tipp möchte. Dann kann dieser Tipp zwar funktionieren, aber der Mitarbeitende folgt nur wieder einer Empfehlung statt selbst auf Lösungswege zu kommen.

Mit anderen Worten: Hin und wieder sollten Führungskräfte nicht vorschnell entscheiden, sondern die Mitarbeitenden anregen, selbst Entscheidungen zu treffen. Und genau hier helfen die Coachingtechniken. Wie das aussieht?

Praktische Beispiele

Beispiel 1: Ein Mitarbeiter muss ein Konzept entwickeln, weiß aber nicht, wie er vorgehen soll. Also fragt die Führungskraft z.B. „Welches Problem löst das Konzept?“ (statt eigene Vorschläge zu machen).

Beispiel 2: Eine Mitarbeiterin kommt nicht weiter, weil andere Abteilungen nicht mitziehen. Dann geht es darum zu erkennen, dass es sich hier um eine Restriktion handelt, die sie nicht beeinflussen kann. Also hilft die Frage: „Ist die Haltung der anderen Abteilung ein Problem, dass du beeinflussen kannst?“.

Beispiel 3: Ein Mitarbeiter hat einen schwierigen Kunden und sieht keine Möglichkeit, diesen zufrieden zu stellen. Er steckt „im Scheitern“ fest. Dann lautet die (Coaching-)Frage: „Was würden andere an deiner Stelle machen?“.

Beispiel 4 (der erwähnte Konfliktfall): Zwei Mitarbeiterinnen haben ein Problem und können sich nicht einigen. Dann lautet die Frage: „Könnte es eine andere, eine dritte Lösung gebe, bei der sich keiner von euch mit seiner ursprünglichen Idee durchsetzt?“

Funktioniert das? Vielleicht, und zwar dann, wenn die Führungskraft ihre Rolle geklärt hat. Zum Beispiel so: „Ich verstehe meine Rolle hier so: Mein Ziel ist es, dass Ihr selbstständig Entscheidungen trefft für alles, was in euren Arbeitsbereich fällt. Wenn jemand zu mir kommt und von mir eine Entscheidung erwartet, wird er diese nicht bekommen. Natürlich kann ich dann unterstützen, wenn das gewünscht wird. Zum Beispiel durch Coachingfragen.“

Erwartungen klären

Und wenn dann ein Mitarbeiter kommt mit der Hoffnung auf eine Lösung für ein Problem, dann müsste zuerst die Reaktion lauten: „Tut mir leid, die bekommst du von mir nicht. Möchtest du mit ein paar passenden Fragen hier rausgehen oder lieber noch mal selbst nachdenken?“

Damit Führungskräfte so agieren, wäre es natürlich schön, das betreffende Unternehmen würde genau das so von ihnen erwarten. Nach dem Motto: Entscheidet nur dann, wenn es in euren Aufgabenbereich fällt. Wie genau dieser aussieht, dürfte von Position zu Position unterschiedlich aussehen, auch den kann man in der Regel klar beschreiben.

Um bei den oben beschriebenen Beispielen zu bleiben: Das Problem mit der anderen Abteilung, die blockiert, könnte in die Verantwortung der Führungskraft fallen (muss aber nicht!). Wenn zum Beispiel die Ziele der Abteilungen sich widersprechen, dann dürfte dieses Problem nur auf der Ebene der Führungskräfte zu lösen sein.

Wo Coachingtechniken auf jeden Fall hingehören, ist die Situation, in der sich eine Führungskraft auf ein Gespräch mit Mitarbeitenden vorbereitet. Also quasi sich selbst coacht mit Fragen wie: „Was ist mein eigentliches Ziel? Wie gehe ich in das Gespräch? Wie hoch sollte mein Gesprächsanteil sein?“ Wenn das mit „Führungskraft als Coach“ gemeint ist, dann wird sicher niemand ein Problem damit haben.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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Ein Gedanke zu “Entscheiden oder Coachen?

  1. Warum sind wir nicht konsequent? Wenn Coaching Coaching ist und Führung Führung, und wenn wir das nicht vermischen sollen wegen der Gefahr von Rollenkonflikten, dann brauchen wir keine Coachingtechniken in der Führung, sondern Führungstechniken – oder nennen wir es in meinen Augen präziser: kommunikative Kompetenz. Davon gerne viel und vom Feinsten.
    Wenn wir aber beim Begriff Coachingtechniken bleiben, wird der Eindruck erzeugt, dass da noch etwas Besonderes hinzukommt in der Führung, was nicht (eigentlich) zu Führung gehört. Macht das Sinn? Für mich nicht.
    Exzellente Führung meint – Mindeststandard – transfomationale Führung: Vorbild, Motivator, Innovator, Personalentwickler. Wem das Wort „transfomational“ zu zungenbrecherisch erscheint, lässt es halt weg und sagt: Führung. Es impliziert trotzdem hohe – kommunikative – Ansprüche. Dann hat man seine Rolle klar.
    Spricht man jedoch von Coachingtechniken, ist die Klarheit wieder futsch. Meines Erachtens kommt die Versuchung, den Begriff doch zu benutzen daher, dass man seine Führungsrolle nicht klar hat. Deshalb hüllt man sich in den „Zaubermantel“ der Coachingtechniken. Weil man der Good Guy sein will oder so erscheinen möchte! – Und das ist meines Erachtens eher ein Fall fürs Coaching: Rollenunsicherheit oder Verführer …

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