INSPIRATION: Das hat jeder schon mal erlebt (hoffe ich): Dass er in einer Tätigkeit völlig aufgeht, die Zeit wie im Nu verstreicht und einem alles leicht von der Hand geht. Angeblich gibt es solche Momente häufiger am Arbeitsplatz als im Privatleben. Wer öfter Flow erlebt, ist zufriedener, produktiver und vor allem gesünder. Was aber genau begünstigt Flow-Erlebnisse?
Die Faktoren sind bekannt: Klare Ziele, Feedback und die Passung zwischen den eigenen Fähigkeiten und der Tätigkeit. Wobei mit Feedback nicht wirklich gemeint ist, dass der Vorgesetzte einem Mitarbeiter eine Beurteilung schreibt, sondern die Tätigkeit unmittelbar zu einem Ergebnis führt bzw. dass der Ausführende zeitnah das Resultat seiner Arbeit zurückgemeldet bekommt. Wie beim Sport, wo ich nicht unbedingt einen Trainer brauche um zu merken, dass mir eine Bewegung gelungen ist.
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Bei der Passung zwischen Tätigkeit und Fähigkeit spricht man von einem Flow-Korridor: Leichte Überforderung, die sich abwechselt mit leichter Unterforderung führt zum Wechsel von Belastung und Erholung – hier kann Flow entstehen. Dauernde Überforderung hingegen führt zu Stress, dauernde Unterforderung zu Langeweile.
Der Flow-Korridor
Als Unternehmen hat man nun viele Möglichkeiten, die Flow-Erlebnisse der Mitarbeiter zu unterstützen. Eine Studie mit 56 Teilnehmern (Identifikation fördert Flow …) untersuchte den Zusammenhang von Identifikation mit der Tätigkeit und Flow-Erlebnissen, indem die Forscher den Probanden eine Woche lang jeden Tag zweimal einen kurzen Fragebogen per SMS zuschickten. Dabei wurde nach Flow-Erleben, Wohlbefinden, Stresserleben, subjektiv eingeschätzter Leistung und Identifikation mit der gerade ausgeführten Tätigkeit gefragt.
Resultat: Die Analyse legt den Schluss nahe, dass die Identifikation mit der Tätigkeit zu häufigeren Flow-Erlebnissen führt und diese wiederum zu höherer Leistung und weniger Stresserleben. Was aber fördert die Identifikation? Ein hoher Autonomiegrad bei der Tätigkeit, hohe Flexibilität bei der Durchführung in Sachen Zeit und Ort und natürlich die Passung zwischen Fähigkeit bzw. Interessen der Mitarbeiter und der Aufgabe.
Mit letzterem beschäftigten sich zwei andere Studien (Vom Beruf zur Berufung). Die Annahme ist schlicht: Wenn meine berufliche Tätigkeiten meine Fähigkeiten oder Interessen angemessen widerspiegeln und entsprechend fordern, werde ich häufiger in den beschriebenen Flow-Kanal geraten, seltener über- oder unterfordert sein. Bei den Studien bediente man sich des RIASEC-Modells, das im Karriere-Coaching Anwendung findet.
6 Kategorien beruflicher Interessen
- Realistic – praktische und handwerkliche Tätigkeiten
- Investigative – schulische und wissenschaftliche Tätigkeiten
- Artistic – kreative und ausdrückende Tätigkeiten
- Social – lehrende und helfende Tätigkeiten
- Enterprising – alles, was Überzeugung und Führung verlangt
- Conventional – strukturierte und routinierte Tätigkeiten
Wie nicht anders zu erwarten, zeigte sich bei 129 Befragten der Aston Universität Birmingham, dass „Die Kongruenz zwischen beruflichen Interessen und Arbeitstätigkeit mit einem häufigeren Flow-Erleben einherging“ – wobei eine Korrelation von 0.15 nicht gerade umwerfend ist.
Das sah bei der zweiten Studie etwas besser aus. Hier wurden Beschäftigte bei der Polizei befragt, und zwar auf der einen Seite Mitarbeiter der Schutzpolizei, auf der anderen Mitarbeiter bei der Kriminalpolizei. Die Korrelationen, die auffielen: Bei Schutzpolizisten gab es positive Korrelationen jeweils zwischen „Realistic“, „Social“ und „Enterprising“ auf der einen und Engagement auf der anderen Seite. Bei der Kriminalpolizei nur zwischen „Investigative“ und Engagement (die Werte lagen zwischen 0.20 und 0.54).
Der Fit
Spricht einmal mehr dafür, dass sich Unternehmen viel stärker darum kümmern sollten, dass die Tätigkeit in Einklang mit den Fähigkeiten und Interessen der Mitarbeiter sein sollte. Und genau darüber nicht nur bei der Einstellung gesprochen werden sollte. Schließlich kann sich auch im Laufe der Beschäftigung herausstellen, dass Mitarbeiter noch ganz andere Fähigkeiten besitzen oder neue Interessen entdecken.
Wann hat Ihr Chef das letzte Mal mit Ihnen darüber gesprochen, ob Sie sich angemessen gefordert fühlen und ob die Aufgaben Sie noch interessieren oder welche Tätigkeiten Sie sonst noch interessieren würden?