15. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Gnadenlose Zuspitzung

INSPIRATION: Unternehmen werden auf Effizienz getrimmt, keine Frage. Das Credo lautet: Geringer Aufwand bei maximalen Output – so wird man erfolgreich. Da könnte man auf den Gedanken kommen, dass diejenigen Unternehmen, die das mit der Effizienz am besten beherrschen, auch besonders strapazierfähig sind.

Ein neuer Begriff? Nicht unbedingt. Im Grunde sehr ähnlich dem der Resilienz, aber dieser ist für Unternehmen eher weniger passend, meinen die Autoren Kaduk und Osmetz in dem Beitrag in der managerSeminare (Ausbalanciert strapazierfähig). Aber ganz gleich, welches Wort man dafür wählt, im Grunde ist klar, worum es geht: Unternehmen müssen in der Lage sein, bei allem Streben nach Effizienz in einer Welt voller Krisen mit unerwarteten Ereignissen klar zu kommen (Schwarze Schwäne) und nicht an ihnen zu zerbrechen.

Schönes Beispiel im Artikel: Das Unglück der „Ever Given“ im Suez-Kanal. Das Wunderwerk der Schiffsbaukunst ist ein Musterbeispiel für Effizienz: Mit ihm können mit einer einzigen Fahrt 24.000 Container transportiert werden. Bloß wenn es dann stürmt und der Kapitän einen Fehler macht, sitzt der Pott plötzlich quer und verursacht eine Schaden von 400 Millionen Dollar – pro Stunde!

Daran, so die Autoren, lässt sich leicht ableiten, dass die gnadenlose Zuspitzung auf Effizienz eine Falle ist. Die Antwort lautet: Redundanz. Etwas, das der Betriebswirt und Manager natürlich fürchtet. Beispiel aus der Natur: Der Alligator frisst bevorzugt Schildkröten, diese wiederum ernähren sich vor allem von Langusten. Effizient wäre, wenn er sich ausschließlich von Schildkröten ernährte, aber er ist in der Lage, auch Langusten zu vertilgen. Wenn also aus irgendeinem Grund Schildkröten knapp werden, überlebt er dennoch.

Die Mischung macht’s – 1:2

Es kommt also auf das richtige Mischungsverhältnis an: Effizienz einerseits, Redundanz andererseits. Spannend daran sind die Erkenntnisse eines Forscherteams der Universität Maryland. In natürlichen Systemen sollten Effizienz und und Redundanz nicht im Verhältnis von 1:1, sondern eher 1:2 stehen. Weil sich offenbar ein Problem in der Redundanz stärker auswirkt auf das Überleben des Systems als eins der Effizienz.

Ein belgischer Finanzmarktexperte hat diese Überlegungen auf ökonomische Systeme übertragen und über 200 Finanzkrisen ausgewertet. Und davor gewarnt, hier zu sehr auf Effizienz zu setzen. Leider hat das offenbar niemanden interessiert, nach jeder Krise wurden alle Systeme wieder so aufgebaut wie vorher. Warum wohl? Ein Grund: Die klassische Betriebswirtschaftslehre bringt den Studierenden nach wie vor bei, wie man möglichst effizient wirtschaftet, von der Notwendigkeit der Balance ist dort offenbar noch nicht viel angekommen. Zum anderen wird unter Erfolg in der Regel nach wie vor möglichst viel Geld verstanden. „Andere Zielgrößen wie Nachhaltigkeit, Zufriedenheit oder gar Glück haben in der Praxis einen geringen bis keinen Stellenwert.“ In der Betriebswirtschaftslehre schon mal gar nicht.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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