INSPIRATION: Es reicht nicht, dass in Teams psychologische Sicherheit herrscht. Diese soll bekanntlich die Basis für Lernen schaffen, was wiederum den Boden für Innovationen bereiten kann. Die Teammitglieder müssen zudem gemeinsam Verantwortung für das Erbringen von Hochleistung übernehmen. Darauf weisen die Autoren Josef Fischer und Hendrik Hüttermann hin (Impact statt Ego). Nun könnte beides in Konflikt geraten: Das sichere Klima und die Hochleistung. Was ist, wenn das kippt? Wenn der Wille zur Hochleistung die psychologische Sicherheit unterminiert?
Hier hilft die „Impact Orientation“. Das Team reflektiert, warum und für wen diese Leistung erbracht werden soll. Dann ergibt sich daraus zugleich das Wie (psychologische Sicherheit) als auch das Was (Hochleistung). Es entsteht Team-Commitment statt Ellenbogenmentalität. Die Autoren stellen dafür drei Ansatzpunkte vor. Dafür kombinieren sie – unter der Annahme, dass beide Faktoren voneinander unabhängig sind – die Ausprägungen von psychologischer Sicherheit und Hochleistungsambition, so dass eine Vierfeldertafel entsteht. Es erscheint unmittelbar einsichtig, dass der Fall, in dem beide Faktoren nicht stark ausgeprägt sind, nicht erstrebenswert sein kann. Die Autoren nennen das die Apathiezone. Das Gegenteil ist der Fall, wenn beide hoch ausgeprägt sind. Das ist die Leistungszone. Wenn nur ein Faktor ausgeprägt ist, ergeben sich zwei Varianten: Die Komfortzone, in der es eine hohe psychologische Sicherheit gibt, aber keine ambitionierte Leistungsorientierung. Und die Angstzone, in der eine hohe Leistungsorientierung vorherrscht, aber die psychologische Sicherheit fehlt.
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Zwischen Angst- und Komfortzone
Im Management wird bekanntlich viel behauptet, wenn der Tag lang ist. Die Autoren wollten daher wissen, ob sich das Modell empirisch bestätigen lässt. Die Mitglieder von 47 Teams eines Innovationsprojekts im Maschinenbau wurden daher befragt. Es zeigte sich, dass die Teams recht gleichmäßig auf die vier Felder verteilt waren. In der Leistungszone performten 28 Prozent der Teams. In der Angstzone zappelten 21 Prozent der Teams. In der Apathiezone lungerten wiederum 28 Prozent. Und in der Komfortzone aalten sich 23 Prozent der Teams. Sodann wollten die Forscher wissen, wie Erfolgsindikatoren wie Innovation, Lernen im Team und das Gefühl, ein echtes Team zu sein, in diesen vier Clustern ausgeprägt sind. Und siehe da: „Während die Teams in der Leistungszone mit Abstand die besten Ergebnisse aufweisen, schneiden die Teams in der Apathiezone am schlechtesten ab. Alle anderen Teams in der Komfort- und Angstzone erreichen ähnliche Ergebnisse auf durchschnittlichem Niveau.“
Interessant ist, dass sich die Teams in der Leistungs- und der Angstzone in der Motivation unterscheiden. Während erstere intrinsisch motiviert sind, sind letztere extrinsisch motiviert. Was tun? Die Autoren werfen einen Blick auf Bereiche jenseits des Maschinenbaus, in denen eine Hochrisikokultur herrscht (OP-Teams, Flugzeug-Crews, Katastrophenschutz), und stellen fest, dass dort ebenfalls eine hohe Impact-Orientierung vorherrscht. Wer so gestrickt ist, macht sich Gedanken über die Lage seiner Kundschaft und sucht das Gespräch mit dieser und weiteren Stakeholdern. Dazu können Führungskräfte einen enormen Beitrag leisten.
Golden Circle
Mit Blick auf den Golden Circle von Simon Sinek raten die Autoren den Teams mit der Frage nach dem Warum und für wen zu beginnen. Die Antwort (Impact Orientation) dürfte zu einem starken emotionalen Commitment führen. So entsteht psychologische Sicherheit (Wie?), was zur Verantwortungsübernahme (Was?) führt.
Abgesehen davon, dass mir die Argumentation etwas tautologisch vorkommt, immerhin beschäftigen wir uns schon lange mit Themen wie Arbeitszufriedenheit, Commitment und Co., wie ja nun gerade diese Autorengruppe am Beispiel Employee Experience aufzeigt, frage ich mich: Und was passiert, wenn die Mitarbeiter sich partout nicht für den Impact begeistern lassen? Das „Warum“ und „Für Wen“ nicht teilen wollen? Dieses sollte man nicht vorschnell als „Ego Orientation“ abtun. Es retten halt nicht alle Mitarbeiter täglich Leben, manche produzieren halt „nur“ Zahnpasta. Vielleicht geht es aber um wichtige Themen wie Corporate Social Responsibility (CSR)? Solche Fragen haben die Autoren bedauerlicherweise nicht im Blick.