2. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

In die Augen schauen

INSPIRATION: Sicherlich eine der ganz schwierigen Situationen im Leben eines Managers: Er verkündet einen massiven Stellenabbau, die Schließung eines Werkes oder die Verlagerung eines kompletten Standortes. Da gehört schon eine ordentliche Portion Standhaftigkeit dazu, sich dem geballten Zorn der Mitarbeiter zu stellen. Wie in dem Beispiel, von dem die Wirtschaftswoche berichtet (Nimm es nicht persönlich). 2012 war das, als sich der Personalvorstand des Hamburger Hafens der Empörung von 1.000 Mitarbeitern gegenüber sieht und sie aushält. Zwei Stunden lang, bis sich die Wut gelegt hat.

Sicher, man könnte sagen, das ist schließlich Teil seines Jobs. Nur ist der Ton inzwischen noch rauer geworden, Empörung ist ein gesellschaftliches Phänomen, das inzwischen bei ganz vielen Themen an der Tagesordnung ist und dazu führt, dass u.a. auch Führungskräfte immer häufiger Anfeindungen und Beleidigungen ausgesetzt sind.

Umgang mit der Wut der Mitarbeitenden

Wie geht man mit dem Zorn der Betroffenen um? Ein Tipp lautet: Man sollte sich klar machen, dass die Wut sich gegen die Rolle, nicht gegen die Person richtet. Leicht gesagt, wenn man persönlich attackiert wird. Sich gut auf solche Situationen vorbereiten ist ein Standardtipp, etwas konkreter: Die eigenen Gefühle antizipieren. Vor allem aber: Man sollte sich tunlichst in die Situation der Betroffenen hineinversetzen, dann kann man deren Emotionen besser nachvollziehen und die Reaktionen leichter ertragen. Empathie nennt man das, etwas, das vielen Managern abhanden gekommen ist. Oder die mit der Übertragung von Macht fast automatisch verloren geht. Schrieb Robert Sutton 2009 in der Harvard Business Review, der Artikel ist in der Ausgabe 10/2022 als „Klassiker“ noch einmal veröffentlicht worden (Gut führen in schlechten Zeiten). Damals mussten Führungskräfte die Folgen der Finanzkrise schultern, daraus lässt sich einiges lernen. 

Es ist irgendwie menschlich, dass Manager sich in Krisensituationen emotional abschotten, sogar ganz abtauchen, sie haben selbst mit Ängsten und  Sorgen zu kämpfen. Aber gerade in schwierigen Zeiten beobachten Mitarbeitende ihre Chefs besonders aufmerksam, und wenn diese sich plötzlich rar machen, wird dies als Zeichen gedeutet, dass etwas Schlimmes im Busch ist. Manager sollten also genau das Gegenteil tun: Sich um die Probleme und Sorgen ihrer Mitarbeitenden kümmern.

Aushalten und sich kümmern

Sutton identifizierte damals vier Bedürfnisse von Mitarbeitenden, die es zu berücksichtigen gilt: Neben dem Mitgefühl (Empathie) waren dies: Berechenbarkeit, Durchblick und Kontrolle. Das dürfte sich seitdem kaum geändert haben. Hier die wesentlichen Erkenntnisse: 

  • Berechenbarkeit: Manager sollten klare Signale senden. So wie im Krieg: Der Fliegeralarm sagte zuverlässig die Gefahren an, blieb er aus, konnte man unbesorgt seiner Wege gehen. So sollten sich die Mitarbeitenden darauf verlassen können, dass sie rechtzeitig gewarnt werden, ansonsten sind sie in dauernder Alarmbereitschaft. Kommen keine Signale von oben, ist klar, dass keine Gefahr droht. Es können z.B. Garantien gegeben werden, dass in den kommenden X Monaten niemand entlassen wird.
  • Transparenz: „Lieber Erklärungen abgeben, die den Betroffenen missfallen als gar nichts zu sagen.“ Und die Botschaften so einfach wie möglich gestalten, „einfach, konkret, wiederholt.“ Gerade Letzteres mag so manchem Manager überflüssig erscheinen, aber nur so stellt man sicher, dass die Botschaft auch wirklich jeden erreicht. Mit einer einmaligen Ansage ist es nicht getan.
  • Kontrolle: Menschen brauchen gerade in unsicheren Zeiten etwas, an das sie sich halten können, das ihnen Sicherheit gibt. Es mag seltsam klingen, in der Krise konkrete Ziele vorzugeben, aber es ist wichtig, dass spürbare, wenn auch kleine Erfolge ermöglicht werden.
  • Mitgefühl: Wie oben beschrieben: Manager sollten sich zum einen in die Lage der Betroffenen versetzen, vor allem sich klar machen, dass sie sich selbst ja schon länger mit dem Thema herumschlagen, die Mitarbeitenden die Nachrichten aber zum ersten Mal präsentiert bekommen. Und man sollte sich darauf einstellen, dass die erste Reaktion nicht lange anhalten wird: Wer wütend reagiert, kommt später vielleicht besonnen daher, wer gefasst reagiert, meldet sich bald darauf voller Wut und Verzweiflung.

In die Augen schauen

Noch eine ganz wichtige Voraussetzung, um mit der Situation angemessen umzugehen, ist es, „selbst mit der Entscheidung und ihren Auswirkungen im Reinen zu sein„. Soll heißen: Man sollte sich sicher sein, dass die Entscheidung die bestmögliche ist, sonst lieber noch mal weiter suchen. Schwierig für alle, die die Botschaft nur überbringen, aber nicht selbst entschieden haben. In einer solchen Situation ist es durchaus angemessen, die eigenen Emotionen anzusprechen, also z.B. zu erklären, dass man selbst auch enttäuscht oder gar wütend ist. Vor allem aber: „Schauen Sie Ihren Leuten in die Augen!

Wobei ich eher denke, dass drastische Entscheidungen von denjenigen verkündet werden sollten, die sie getroffen haben. Sie tun gut daran, die nächsten Ebenen mit einzubinden, dann können auch diese glaubwürdig auftreten. Und sich damit auch der Wut und Verbitterung der Belegschaft stellen.

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