26. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Innovationen übernehmen

INSPIRATION: Um das Thema „Unternehmensfusionen“ ist es ruhig geworden – zumindest in der einschlägigen Fachpresse. Umso erstaunlicher, dass es in 2021 über 20.000 Fusionen und Übernahmen gab mit einem Volumen von 5,9 Billionen US-Dollar. Oft ist das Ziel, interessante Innovationen hinzuzukaufen, bevor es andere tun. Mit Erfolg?

In dem Beitrag der WIrtschaftswoche, aus dem die Zahlen stammen (Innovationen lassen sich kaufen. Eigentlich.) finden sich Beispiele aus der Automobilzuliefererbranche. So übernimmt Bosch ein britisches Start-up, das eine Software entwickelt hat, mit der man Situationen für selbstfahrende Autos simulieren kann, ohne die Autos auf die Straße zu schicken. Für Bosch wurde es Zeit, denn andere Unternehmen sind in Sachen autonomes Fahren offenbar weiter. 

So ähnlich geht es offensichtlich in vielen Branchen zu. Irgendwo kommt ein Start-up auf den Markt, das eine innovative Technologie entwickelt, und Konzerne, die in dem Feld Bedarf haben, schlagen zu. Das ist aber einfacher gesagt als getan. Kauft man zu früh und die erhoffte Innovation erweist sich als Flop, hat man viel Geld versenkt. Wartet man zu lange, ist die Konkurrenz schneller. Und nicht jeder Konzern oder Mittelständler, selbst wenn er Marktführer ist, kann es so machen wie Google. Der IT-Riese kauft hinzu, was er nur kriegen kann, „was nicht funktioniert, wird verschrottet.“ Damit sind die Amerikaner zwar sehr schnell, aber die Sache ist auch mächtig teuer. Den Gründern wird das zwar weh tun, andererseits haben sie oft genug finanziell ausgesorgt. Nur schade um so manche Idee, die vielleicht in anderen Konstellationen erfolgreicher geworden wäre.

Die „Allesschlucker-Strategie“

Wem das Geld für diese „Allesschlucker-Strategie“ fehlt, der muss schon sehr genau hinschauen. Und wenn er dann den Geldbeutel öffnet, weil er sich ziemlich sicher ist, dass der Kauf sich lohnt, beginnt ja erst die eigentliche Arbeit. Hierzu liegen zwar jede Menge Erfahrungen aus unzähligen Fusionen vor, offensichtlich aber werden nach wie vor viele Fehler gemacht. 

Bei diesen Technik-Start-ups geht es den Aufkäufern nicht nur um die Technologie, sondern offenbar immer mehr um das Personal. Die begehrten IT-Kräfte sind rar, und wenn es gelingt, das Team des Start-ups zusammen zu halten, dann schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe. Besonders wichtig: Die Gründer an Bord behalten. Gehen diese, wird das als Zeichen genommen, dass die Sache wohl gescheitert ist – die Wahrscheinlichkeit, dass andere ebenfalls das „sinkende Schiff verlassen“, steigt. 

Gründer aber sind es gewohnt, selbstständig zu arbeiten – nicht die Stärke vieler Konzerne. Da muss man also Fingerspitzengefühl bei der Integration zeigen. Fachleute empfehlen, die Neulinge deshalb erst einmal an der langen Leine laufen zu lassen, sie mit „Wagniskapital“ auszustatten, aber gemeinsame Ziele zu vereinbaren. Wer versucht, sie früh in die bestehenden Abteilungen zu integrieren, wo sie dann eventuell schnell merken, dass sie kaum Gehör finden, wird eher scheitern. Lässt man ihnen zu lange Zeit, wie bisher weiter zu machen, dürfte das den „Alten“ sauer aufstoßen, die die Sonderrolle argwöhnisch beobachten. 

Klingt alles vertraut, wirklich praktische Empfehlungen bietet der Beitrag nicht, außer dem „Buddy-Konzept“: Jeder Neuling bekommt einen Kollegen aus der alten Organisation zur Seite gestellt.

Mir fällt da ein Beispiel aus einer völlig anderen Branche ein. Ein Freund von mir hat sein Unternehmen an einen Konzern verkauft und sich verpflichtet, einige Jahre an Bord zu bleiben. Hier ging es weniger um Innovation als um Größe, aber die Folgen waren dramatisch. Von echter Integration seines Unternehmen konnte keine Rede sein, man stülpte ihm die IT-Systeme über, verpflichtete es, die Prozesse zu übernehmen – und verlor im Nu eine Reihe von Mitarbeitern mit der Folge, dass der Rest bis zum Umfallen versucht, die Qualität hoch und den Laden am Laufen zu halten. Ein Ende des Schreckens ist noch nicht in Sicht.

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