19. Mai 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Keinen Nobelpreis wert?

KRITIK: Menschen handeln nicht immer rational, heißt es, deshalb ist das Modell des homo oeconomicus inzwischen widerlegt. Ist das so? Oder werden hier ökonomische Werte fälschlicherweise auf rein materielle Werte reduziert?

Reinhard Sprenger amüsiert sich in der Wirtschaftswoche (Warum Egoisten sozial sind) darüber, dass jemand (Richard Thaler) einen Nobelpreis dafür bekommen hat, weil er herausgefunden hat, dass neben mehr oder weniger Geld zu haben auch noch andere Werte Menschen bei Entscheidungen beeinflussen. Das sei „lebensweltlich immer klar“ gewesen.

Tja, so ist das mit der Wissenschaft. Da versuchen die einen Ökonomen, menschliches Verhalten vorherzusagen, indem sie mathematische Modelle aufstellen. Da nun mal Geld einfach zu „messen“ ist, bot es sich an, Input und Output von Verhalten in Dollar oder Euro zu kalkulieren. Die dahinterliegende Theorie lautet, sehr vereinfacht und flapsig ausgedrückt: Jeder Mensch ist käuflich, wenn nur der Preis stimmt. So funktionieren denn auch die Anreizsysteme.

Und dann kommen andere Ökonomen daher und belegen wissenschaftlich, dass es so aber nicht ist. Dass Menschen auch noch andere Werte haben, zum Beispiel Fairness oder Anerkennung. Und auch mal auf Geld verzichten, wenn der finanzielle Mehrwert die Verletzung der anderen Werte nicht ausgleicht.

Bedeutet also laut Sprenger: Der Mensch handelt immer egoistisch, weil er letztlich immer den persönlichen Nutzen im Blick haben. Etwa die soziale Anerkennung durch andere, oder den Schutz der Selbstachtung.

So kann man sich nun trefflich nur noch darüber streiten, was dann „rational“ bedeutet. So zu handeln, dass am Ende mehr Kohle herausspringt? Das wäre die enge Definition des homo oeconomicus. Oder so zu handeln, dass es für einen persönlich sinnvoll ist? Das wäre eine sehr weite Definition, denn dann ist jegliches Handeln rational und der Begriff völlig wertlos. Weil er praktisch per Definition jegliches Handeln als rational im Sinne „zum eigenen Nutzen“ erklärt.

Ist die ganze Diskussion um den Homo oeconomicus also nichts anders als intellektuelle Freizeitbeschäftigung mit der „ironischen Pointe“, einen Nobelpreisträger zu erzeugen? Nicht ganz, denke ich. Auch wenn wir alle ahnten, dass das mit dem rein betriebswirtschaftlich denkenden Individuum nicht ganz stimmen konnte, musste vielleicht erst ein Wissenschaftler kommen, um dem Unsinn mit den Anreizen und Belohnungssystemen Einhalt zu gebieten. Wobei die Sache ja noch lange nicht ausgestanden scheint. Trotz Nobelpreis…

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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