27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Krisenkommunikation in der Katastrophe

INSPIRATION: Im Harvard Business Manager 10/2014 findet sich ein Beitrag über das Führungsverhalten eines Managers im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daini, in dem es, anders als in Fukushima Daiichi, nach dem Erdbeben 2011 und dem folgenden Tsunami nicht zu einer Kernschmelze kam. Die Geschichte ist spannend zu lesen, aber darüber hinaus enthält sie interessante Aspekte, die auch für weitaus „harmlosere“ Krisensituationen nützliche Hinweise liefern (Das andere Fukushima).

Der Leiter des Werkes, ein Mann namens Naohiro Masuda, musste erkennen, dass seine Krisenpläne ab einem gewissen Punkt nicht griffen – nämlich als die Stromversorgung ausfiel und damit die Kühlung der Reaktoren unterbrochen war. Genau das war die vorrangige Aufgabe: Die Kühlaggregate wieder mit Strom zu versorgen. Dazu musste er seine Mitarbeiter davon überzeugen, rauszugehen und Kabel zu verlegen – und das in einer Situation, in der viele von ihnen nicht mal wussten, ob ihre Familie noch lebte oder sie noch ein zu Hause hatten.


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Masuda rief seine Mitarbeiter zusammen und tat etwas, auf das wir vielleicht nicht einmal im Planspiel kommen würden: Er schrieb Zahlen an ein Whiteboard und zeichnete Linien über den Verlauf des Bebens auf. Er hielt keine flammende Motivationsrede, gab keine konkreten Anweisungen, er ließ sich einfach Zeit und schrieb. Er spielte den Mitarbeitern keine Gewissheit vor, die es nicht gab, sondern beteiligte sie „an der Last der Unsicherheit und der Zweifel“.

Die Wirkung war, dass man ihm zuhörte. Die Mitarbeiter begannen, sich ein eigenes Bild zu machen. Sie konnten eine eigene Risikoeinschätzung vornehmen und waren anschließend bereit, konkrete Anweisungen entgegen zu nehmen. Selbst als später neue Erkenntnisse gegenteilige Anweisungen notwendig machten, vertrauten sie ihm und folgten den Vorgaben.

Ist das übertragbar auf alltägliche Führungssituationen? Bzw. auf Situationen, in denen man als Führungskraft selbst keine Lösung hat, die Mitarbeiter verunsichert sind und auf Anleitungen warten? Ich denke, ja. Man kann, wie Masuda, die Informationen, die man zur Verfügung hat, darstellen und so gut wie möglich visualisieren. An einem fiktiven Beispiel: Es gibt Gerüchte, dass die Geschäftsleitung Bereiche zusammenlegen und einzelne sogar outsourcen will. Die Mitarbeiter sind stark verunsichert, was im Moment denkbar ungünstig ist, weil man gerade an einem wichtigen Projekt arbeitet. Als Führungskraft könnte man das Thema aktiv ansprechen, die Informationen, über die man verfügt (z.B. aktuelle Branchenentwicklungen, Konkurrenzsituation, Kosten, bisherige Veränderungen etc.) skizzieren und auf jede Spekulation, Appelle und Aufmunterungsparolen verzichten. „Sense-Making“ nennt das der Organisationspsychologe Karl Weick.

Masuda erzeugte Sinn, indem er dem, was geschehen war, dadurch, dass er es beschrieb, im Nachhinein einen Sinn gab. Und er erzielte noch einen weiteren Nutzen: Indem er erst einmal die ihm bekannten Fakten präsentierte, gewann er Zeit, um zu Entscheidungen zu gelangen. Statt in hektischen Aktionismus zu verfallen, konnte er sich einen Überblick verschaffen und dann zu konkreten Entscheidungen gelangen.

Ob ein solches Verhalten dem Selbstverständnis von Führungskräften entspricht, nämlich in schwierigen Situationen unbedingt Lösungen präsentieren zu müssen? Wohl eher nicht…

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