4. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Kuchenlogik

INSPIRATION: Wenn zwei Partner miteinander verhandeln, geht es darum, ein Ergebnis zu erzielen, das von beiden als fair erlebt wird. Einen einfachen und praxiserprobten Weg, den „zu verteilenden Kuchen“ fair aufzuteilen, stellen zwei US-Professoren vor. Klingt einleuchtend, aber in der Praxis vermutlich nicht so leicht durchzusetzen.

Beginnen wir mit dem Kuchenbeispiel: Ein Bäcker bietet zwei Lieblingskunden einen Kuchen gratis an, mit der Bedingung, dass sie sich auf die Verteilung der 12 Stücke einigen müssen. Gelingt das nicht, gibt es nur die Hälfte des Kuchens. Wobei der umsatzstärkere Kunde A dann vier Stücke, B hingegen nur zwei Stücke bekommt. B könnte der Meinung sein, „gerecht“ zu teilen bedeutet, dass jeder die Hälfte bekommt, und deshalb eine Aufteilung von 6 zu 6 vorschlagen. Aber A hat die größere Verhandlungsmacht, denkt er. Stellt er sich stur, ist seine Rückfallposition vier Stücke Kuchen, also besteht er vermutlich darauf, eine Verteilung von 2:1 vorzunehmen – acht für sich und vier für B. So haben beide ihren Anteil verdoppelt. Klingt fair?

Ist es aber bei genauerem Hinsehen nicht. Und eigentlich ist A auch gar nicht im Vorteil, denn letztlich fallen beide auf ihr Minimum zurück, wenn sie sich nicht einigen. Nun der wirklich sinnvolle Ansatz: Man schaut auf das, was an Zuwachs insgesamt zur Verfügung steht und teilt sich diesen. In dem Fall des Kuchens können beide zusammen sechs Stücke hinzugewinnen. Dieser Zugewinn wird geteilt, was eine Aufteilung von 7:5 bedeutet.

Faire Verhandlungen?

Das Problem in der realen Situation besteht darin, dass der vermeintlich mächtigere Partner sich schwer tun wird, die Hälfte der zusätzlichen „Kuchenstücke“ abzugeben. Die Autoren beweisen in dem Beitrag (So haben Sie noch nie verhandelt), dass die Methode auch bei komplizierteren Zusammenhängen, z.B. einer Unternehmensfusion, funktioniert. Sogar dann, wenn, anders als bei dem Kuchenbeispiel, gar nicht klar ist, wie groß der Kuchen sein wird. 

Angenommen, ein großer Getränkehersteller geht mit einem kleinen eine Partnerschaft ein. Dieser kann damit die Kosten pro Plastikflasche von 19 auf 11 Cent senken und damit voraussichtlich 8 Millionen Dollar einsparen. Wie würde man hier diesen Gewinn verteilen? Ginge es nach Anzahl der jeweils verkaufen Flaschen, würde vermutlich der kleine Hersteller ein paar Tausend Dollar erhalten, der große den Rest – er hat in der Wahrnehmung die größere Verhandlungsmacht. 

Was aber nicht stimmt: Denn der Große selbst kann keine weiteren Einsparungen erzielen, ohne Kooperation bleibt für ihn alles wie es ist. Er ist also auf den kleinen angewiesen. Deshalb bietet sich auch hier die Aufteilung von jeweils vier Millionen an. Da man aber nicht weiß, ob der Absatz auch den Prognosen entspricht, halbiert man die Differenz und teilt sich die Einsparungen in dem Moment, in dem sie entstehen: Also zahlt der kleine Partner 15 Cent pro Flasche, gewinnt damit vier und bekommt vier Cent mehr als ihn die Flaschen kosten.

Wird fair aus als fair gesehen?

Nun könnten Skeptiker argumentieren, dass der große Partner einen zusätzlichen Gewinn von vier Millionen gar nicht spürt, während für den kleinen schon eine Million überlebensnotwendig ist. Soll heißen: Der Große verlangt sieben Millionen und lässt dem Kleinen nur eine Million – da diesem jeder Dollar sieben mal wichtiger ist als dem Großen.

Mit dem gleichen Argument könnte aber auch der weniger mächtige Partner kommen. Wenn der Große vier Millionen nicht wirklich spürt, dann wird er auch den Unterschied zwischen vier und sieben nicht spüren. Umgekehrt aber fühlt sich für den Kleinen jeder Dollar wie sieben an, das Opfer ist also gleich groß. Die Lösung auch hier: Man teilt sich den zusätzlichen „Kuchen“ hälftig.

Sinnvoll? Ich denke schon. Sollte funktionieren, solange für beide Seiten transparent ist, wie groß der zusätzlich zu erzielende Kuchen ist. Bei einer Gehaltsverhandlung stelle ich mir das aber schwer vor: Wie soll der Kandidat berechnen, wie viel mehr für das Unternehmen herausspringt, wenn es ihn einstellt? Wäre aber zumindest spannend, die Diskussion in diese Richtung zu lenken.

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