26. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Leuchttürme in der Provinz

INSPIRATION: Kein klassisches MWonline-Thema, eher im übertragenen Sinn: Was tun, wenn man eigentlich keine Chance hat? Die Brand eins hat in einer Ausgabe die Provinz zum Schwerpunktthema gemacht, und die Beispiele machen vor allem eines deutlich: Engagement lohnt sich, daneben ist entscheidend, dass man andere für seine Ideen gewinnt. Auch wenn es so scheint, als haben ländliche Regionen kaum eine Chance gegen den Trend, dass immer mehr Menschen in der Großstadt leben wollen.

Ohne daraus jetzt eine wissenschaftliche Erkenntnis zu machen, so scheinen allen beeindruckenden Fällen zwei Dinge gemeinsam zu sein: Es gibt hinter den Erfolgen jeweils starke Persönlichkeiten und es gibt eine Art „Leuchtturm“ – etwas, das über den Standort hinaus Wirkung zeigt.

So zumindest zu lesen in einem Beitrag über den holländischen Ort Ulft (Ein Leuchtturm auf dem Land). Dort gab es eine Eisengießerei, die geschlossen wurde. Ein Abgeordneter im Gemeinderat kämpfte für ihren Erhalt. Das Gelände samt Gebäude wurde für einen symbolischen Euro erworben, die Sanierung kostete eine Menge Geld, aber es hat sich gelohnt. Heute beherbergt das ehemalige Fabrikgebäude eine Veranstaltungshalle, in der Konzerte stattfinden, die Besucher aus der weiteren Umgebung anlocken. Die Menschen vor Ort haben eine Bibliothek erhalten und ein Café, auf dem Gelände steht ein Innovationszentrum, in dem sich Hightech-Firmen angesiedelt haben. Als Erfolgsfaktor wird hier die Kultur bezeichnet: Die Menschen auf dem Land wollen „auf ein Mindestmaß an kulturellem Leben in der direkten Umgebung nicht verzichten„.

Noch riskanter erscheint das Unterfangen, das ein Landrat auf der schwäbischen Alb gestartet hat (Hilf dir selber). Dort wie an vielen Orten in Deutschland sterben die Hausärzte aus. Es ist abzusehen, dass die Versorgung vor allem der chronisch Kranken (und das sind in der Regel ältere Menschen) auf Dauer nicht mehr funktionieren kann. Und mit dem herkömmlichen Modell (ein nebeneinander von Hausarzt, Krankenhaus, Pflege und Reha) schon gar nicht. Deshalb versucht es der Landkreis mit einem völlig andern Konzept: Alles unter einem Dach in einem Gesundheitszentrum, in dem Ärzte, Pfleger, Physiotherapeuten zusammenarbeiten.

Die Idee ist, dass ein „Lotse“ für den jeweiligen Patienten zuständig ist, und dieser errichtet ein Netz aus Helfern inklusive Familie, Freunden und Ehrenamtlern. Die Implikationen sind enorm: Ärzte müssten ihre Haltung ändern und auf Augenhöhe mit allen anderen agieren. Wenn das schon schwierig genug erscheint: Das derzeitige System der Krankenkassen lässt eine solche Kombination gar nicht zu. Motivierendes Ende des Beitrages: Eine Ärztin hat man gewinnen können – sie freut sich auf die Provinz und das innovative Konzept.

Ähnlich mutig erscheint auch das Beispiel von Eltern in der Provinz in Brandenburg (Am Anfang war die Schule). Weil es in dem kleinen Ort Wallmow keine Grundschule gab, gründete eine Elterninitiative eine solche. Die Alteingesessenen waren anfangs skeptisch und schickten ihre Kinder auf die weiter entfernte staatliche Schule. Heute lockt das Dorf junge Familien an, die Lehrer arbeiten gerne hier, wenn auch für deutlich weniger Lohn. Zitat: „Ich habe Geld gegen Freiheit getauscht, das war das beste Geschäft meines Lebens.

In dem Heft finden sich auch Beispiele für Unternehmen, die die Provinz zu schätzen wissen. Da ist der Brillenfabrikant Hoffmann in der Eifel, der Hornbrillen in Handarbeit fertigen lässt (Vortel Vulkaneifel). Seine Mitarbeiter schätzen die Provinz, sie sind mit ihr verbunden und wollen genau dort leben. Deshalb halten sie dem Unternehmen die Treue, die Fluktuation ist gering, auch wenn die Löhne niedrig sind. Was zählt, sind Haus, Garten, Familie, Freunde – man arbeitet dort, weil man dort leben möchte.

Da hat es ein anderer Unternehmer schon schwerer. Der Ladenbauer BK Group im „mittelfränkischen Niemandsland“ muss mehr bieten: Frisches Obst, flexible Arbeitsplätze, Homeoffice, Duschen und Umkleiden für die Radfahrer und Jogger (Shops made in Endsee). Interessant hier: Das Unternehmen ist weltweit aktiv, so dass die Mitarbeiter an vielen Orten arbeiten können. Da kann es sich den Standort offenbar erlauben.

Ob ein Kulturzentrum, ein Gesundheitszentrum und eine Grundschule oder das der Provinz verbundene Unternehmen – allesamt Leuchttürme, die ländliche Regionen attraktiv machen können. Oder wie ein Professor es ausdrückt: „Wenn man sich richtig anstrengt, geht überall was.

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