INSPIRATION: Regelmäßige MWonline-Leser werden wissen, dass ich mich mit dem Trend zur „Gamification“ schwer tue. Das Interview mit einem Ludologen in der Brand eins hat meine Sichtweise noch einmal verändert (Chef, ärgere dich nicht). Es geht darum, spielerisch an die Probleme im Unternehmen heranzugehen.
Dieses Zitat ist ziemlich platt: „Im Prinzip ist unser ganzes Leben ein Rollenspiel.“ Ist es natürlich nicht, aber man kann sicher Situationen und Konstellationen, in denen Menschen aufeinandertreffen, als Rollenspiel betrachten und die hier geltenden Spielregeln analysieren. Und tatsächlich: Ein „Unternehmen ist Spiel mit künstlich geschaffenen Regeln … Die Firma ist ein künstliches Gebilde mit eigenen Regeln und verfolgt ein Ziel.“
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Spiele
So kann man es sehen. Menschen fragen andere Menschen, ob sie mitspielen wollen (der Arbeitgeber) oder Menschen fragen Menschen, ob sie mitspielen dürfen (der Arbeitnehmer). Oder, wenn man es auf Augenhöhe betrachtet: Menschen fragen sich, ob sie sich zusammen tun wollen, um nach bestimmten Spielregeln (jetzt, wo ich es schreibe, wird mir tatsächlich zum ersten Mal bewusst, dass man ja auch in vielen Organisationen von „Spielregeln“ spricht!) ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Wenn man das also mal so hinnimmt, wäre der nächste Schritt zu schauen, welche Art von Spiel in einer Organisation gespielt wird. Ist es ein kooperatives Spiel oder ein Wettkampfspiel? In einer Firma, in der Mitarbeiter beurteilt werden in Relation zu anderen oder in der es individuelle Ziele gibt oder Teamziele, bei der die einen Mitarbeiter oder Teams nur gewinnen können, wenn andere verlieren, handelt es sich eher um ein Wettkampfspiel. Man erinnere sich an General Electric, wo die 10% der Mitarbeiter mit den schlechtesten Leistungsnoten gehen mussten. Oder man denke an Unternehmensberatungen oder Kanzleien, in den die Spielregel „up or out“ lautet.
Dort, wo es vor allem um das Entwickeln großartiger Produkte oder das Streben nach einer Vision geht (wohlgemerkt eine, die nicht da lautet: „Wir werden die Nr. 1“), wird es sich vermutlich eher um ein kooperatives Spiel handeln (muss es aber nicht). Bevor man also in ein Unternehmen eintritt, sollte man sich zumindest über diesen Unterschied klar sein. Und als Inhaber sollte man wissen, welches von beiden Modellen einem lieber ist.
Neue Spiele
Der Ludologe in dem Beitrag der Brand eins führt auch Rollenspiele auf. So habe sich früher das Bild einer Organisation (und vielfach auch heute noch) an einem Wolfsrudel orientiert, bei dem der Stärkste und Schlaueste allen anderen gesagt hat, wo es langgeht, bis ein noch Stärkerer kam. Heute gibt es auch vor allem der gestiegenen Komplexität vielfach andere Rollenspiele (Stichwort: „Agile Strukturen“).
Noch ein interessanter Aspekt: Spielregeln sollten mal mehr oder weniger eng gefasst und beizeiten auch überprüft und geändert werden. In der Forschung und Entwicklung mag man es, wenn Menschen ausprobieren dürfen und auch mal über die Grenzen der Regeln hinausschießen. In der Buchhaltung ist das eher weniger sinnvoll. Und ganz schlecht ist es, wenn man Regeln aufstellt, die beim vorhandenen Spielmaterial nicht funktionieren. prich: Man kommt nicht zum Ziel, wenn man sich strikt an die Regeln hält. Was passiert dann? Das, was Kinder tun, wenn sie merken, auf „legale Weise“ klappt es nicht. Dann ändern sie plötzlich die Regeln nach dem Motto: „Das gilt nicht mehr.“
Spielverderber
So auch in Organisationen. Wenn ein Management vorgibt, mit bestimmten begrenzten Ressourcen einen umweltfreundlichen Motor zu bauen, aber die Konstrukteure feststellen, dass das gar nicht geht, dann werden diese schauen, das Problem mit Mitteln zu lösen nach dem Motto: „Das, was nicht ausdrücklich verboten ist, ist dann wohl erlaubt.“
Was hilft all das nun dem einzelnen Mitarbeiter oder Manager? Vielleicht nur soviel: Wenn er vor schwierigen und vor allem demotivierenden Situationen steht, könnte er sich anschauen, welche Spielregeln offenbar gelten und ob er diese noch für sinnvoll hält. Wenn nicht, wird es Zeit, daran etwas zu ändern. Und dann am besten gleich so, dass das Spiel sogar noch Spaß macht …