KRITIK: Nein, der Begriff war mir vorher noch nicht begegnet. Es geht darum, dass es Menschen wichtig ist, etwas zu tun, was für irgendjemanden eine Bedeutung hat. „Does it matter for you?“ sagt nichts anderes als: „Bedeutet das etwas für dich?“ Hier natürlich bezogen auf die Arbeit, den Job. Die alte Geschichte: Sollte Arbeit mehr sein als ein Mittel, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen?
Vermutlich werden die meisten von uns sagen: „Wäre schon schön. Wenn ich zu entscheiden hätte, für etwas Geld zu bekommen, das dazu auch noch anderen etwas bedeutet, würde ich das begrüßen.“ Es fällt auf, wie viele Beiträge in den Fachpublikationen sich im Augenblick mit der menschlichen Seite der Arbeit beschäftigen. So auch der Artikel im Harvard Business Manager (Du bist wichtig) von einem „Forscher und Keynote-Speaker“. Ich nehme es vorweg: Der Artikel ist banal, enthält aber auch gar nichts Neues und kann getrost vergessen werden.
Warum? Weil die Botschaft wie immer lautet: Führungskräfte sollten dafür sorgen, dass Mitarbeitende sich wahrgenommen fühlen, spüren, dass ihre Arbeit wichtig ist. Die Tipps? Echtes Interesse, kein gespieltes. Regelmäßige Meetings, Einzelgespräche, Begegnungen in der Kaffeeküche, Fragen stellen und sich notieren, was man über den Mitarbeitenden erfahren hat, damit man ihm später zeigen kann, dass man zugehört hat.
Mattering skalieren
Ach ja: Zuhören ist natürlich ganz wichtig. Haben wir schon oft gelesen (Hör mal, wer da spricht), nur mit wesentlich mehr Tiefe. Und Mitgefühl, entsprechend also mitfühlende Antworten geben. Schließlich: Gute Geschichten über die Bedeutung der Arbeit in Ihrem Unternehmen erzählen. Ganz lustig: Aus all dem kann im Unternehmen, das „Mattering skalieren“ möchte, eine Checkliste für Führung entstehen.
Gäbe es einen anderen Ansatz? Wie wäre es, wenn man nicht überlegt, was Führungskräfte tun können, um wertschätzend zu kommunizieren, sondern tatsächlich über den Wert und die Bedeutung von Tätigkeiten zu sprechen? Also nicht fragen: „Fühlt Ihr euch beachtet? Erklärt man euch den Wert eurer Aufgabe?“ Sondern: „Wie sinnvoll ist das, was wir hier tun? Was jeder einzelne tut?“ Und dann die Dinge, die alles andere als bedeutsam sind, zügig ausmerzt?
Wenn mir ein Freund erzählt, wie überflüssig viele seiner Tätigkeiten sind, einfach, weil er ständig die Fehler anderer ausmerzt und kaum dazu kommt, seine eigentliche Arbeit zu tun – was würde er wohl davon halten, wenn ihm sein Chef erklärt, dass er doch ganz wichtig für das Unternehmen ist?
Maßnahmen nicht nur zusagen – umsetzen!
Da ist nämlich ein Tipp in dem erwähnten Beitrag, der wirklich eine Veränderung bringen würde: „Denken Sie an das Follow-up!“ Gemeint ist, dass nach einem Gespräch oder einer Diskussion etwas passiert. Wenn der Chef meines Freundes tätig wird – sei es, indem er zu einem gemeinsamen Gespräch einlädt, ihm rät, was er selbst gut kann oder von sich aus die Probleme angeht – egal, Hauptsache, es passiert etwas. Es gibt kein besseres „Tool“ um Menschen zu zeigen, dass ihr Beitrag etwas zählt, als aktiv zu werden. Und Zusagen einzuhalten.
Und was ist, wenn auch der Chef nichts daran ändern kann (oder will)? Ich glaube, dann kann er noch so einfühlsam zuhören, noch so oft erklären, dass doch alles von Bedeutung sei, noch so viele Einzelgespräche in der Kaffeeküche führen. Oder wie mir mal eine Führungskraft sagte: „Sie haben ja Recht, das ist sinnlos, was wir hier machen. Aber es wird da oben gewünscht, da sind mir die Hände gebunden!“ Das war zumindest ehrlich, auch wenn ich danach mit solchen Ansinnen nicht mehr zu ihr gegangen bin, sondern andere Wege gesucht habe.