PRAXIS: Die Stimmung ist nicht gut im Team, es wird schlecht übereinander geredet statt miteinander, die Beschwerden häufen sich. Bevor die Konflikte eskalieren, könnte man die Methode des „Konstruktiven Schimpfens“ einsetzen. Auf diese Weise gelingt, Gemeinsamkeiten zu entdecken und die Wünsche hinter der Unzufriedenheit zu verstehen (Miteinander meckern gehen). Der Ablauf ist einfach:
Das Team trifft sich, wobei die Mindestzahl sechs lautet, größere Gruppen sind kein Problem. Gute wäre es, wenn es von dem Ort Möglichkeiten für einen kurzen Spaziergang gibt, aber es geht auch ebenso, wenn sich die Gesprächspartner in einer ruhigen Ecke des Gebäudes treffen.
Anzeige:
Die Arbeitswelt braucht agile Coachs, um Selbstorganisation, Innovation und neues Rollenverständnis zu implementieren. Die Neuerscheinung „Agiler Coach: Skills und Tools“ liefert für jeden agilen Coach eine beeindruckende Bandbreite an Grundlagen, Methoden und Werkzeugen für die Team- und Mitarbeiterentwicklung im agilen Arbeitsalltag. Zum Buch...
Durchführung
Zunächst werden Paare gebildet (bei ungerader Zahl wird eine Dreier-Gruppe losgeschickt). Wenn die Unzufriedenheit allgemeiner Natur ist, kann die Zuordnung per Zufall erfolgen. Gibt es eindeutige Konfliktlinien, bietet sich an, dass jeweils Vertreter der Konfliktparteien sich zusammentun. Das könnte auch der Fall sein, wenn es zum Beispiel um einen Konflikt zwischen zwei Teams geht.
Dann erfolgt die Aufgabenstellung durch den Moderator. Er bittet die Teilnehmer, einen kurzen Spaziergang zu unternehmen. Während der Zeit erzählt erst die eine, was sie besonders stört, ärgert, irritiert, frustriert, der andere unterbricht nicht, hört nur zu, ohne zu kommentieren und weist nach 10 Minuten auf die Zeit hin. Dann kehren beide um und die Rollen wechseln. Beim Meckern darf alles angesprochen werden, es muss kein Blatt vor den Mund genommen werden, man darf sich die Dinge von der Seele reden, ohne allerdings dabei verletzend zu werden.
Auswertung
Nach der Rückkehr bleiben die Paare zusammen. Jeder Teilnehmer bekommt einen Haftzettel oder eine Moderationskarte, dann fragen sich in den Kleingruppen die Partner gegenseitig, was sie nun erreichen möchten. Wenn jemand mehr als einen Wunsch hat, wird gefragt, welches der wichtigste ist. Diesen notiert der Partner auf der Moderationskarte, dann wird die Rolle getauscht. Bei weniger als acht Teilnehmern kann jeder auch zwei Karten füllen. Für die Beantwortung der Frage hat jeder Teilnehmer ca. 5 Minuten Zeit.
Danach werden die einzelnen Karten in der ganzen Gruppe an eine Pinwand gehängt, wobei der Partner jeweils die Karte des anderen vorliest – man trägt die Wünsche nicht selbst vor. Das verhindert nicht nur, dass man in eine Art Rechtfertigung verfällt, sondern fördert auch das gegenseitige Verständnis.
Wenn alle Karten hängen, wird das Team aufgefordert, nach Gemeinsamkeiten zu schauen – oft sind das mehr, als die Mitglieder erwartet haben. Damit sind drei wichtige Anliegen erfüllt: Alle konnten ihre Anliegen zur Sprache bringen, jeder konnte sagen, was er sich wünscht und alle haben gehört, was die Kollegen möchten.
Lösungsfindung
Hierfür eignen sich viele Methoden. Geht es vor allem um ein gemeinsames Anliegen, kann in der ganzen Gruppe weiter gearbeitet werden, indem z. B. ein erstrebenswertes Zukunftsbild entworfen wird und hieraus Maßnahmen abgeleitet werden. Sind es unterschiedliche Themen, werden Kleingruppen gebildet. Für die Lösungssuche bietet sich folgender Ablauf an:
- Nutzen der Aufgabe benennen: Wie lautet die Aufgabe? Welchen Nutzen hätte eine Lösung für das Team? Welchen für die Organisation?
- Erwünschtes Ergebnis: Was wäre das ideale Ergebnis? Was sollte mindestens dabei herauskommen?
- Ressourcen: Welche Stärken und Fähigkeiten stehen uns zur Verfügung? Wie haben wir es bisher geschafft, solche Probleme zu lösen?
- Zeichen für Fortschritt: Woran werden wir erkennen, dass wir weitergekommen sind?
- Nächste Schritte: Was können wir zeitnah umsetzen?
Wichtig für das Gelingen ist, dass der Konflikt noch nicht eskaliert ist, die Fronten noch nicht verhärtet sind. Manchmal reicht es auch schon, nur den Spaziergang zu machen, so dass sich alle ein wenig Luft verschaffen und damit entlastet werden. Eine andere Variante: Im Zweiergespräch wird nach dem beidseitigen Meckern eine Fragerunde angehängt, bei dem sich die Parteien zuerst zurückspiegeln, was sie verstanden haben („Wenn ich dich richtig verstanden habe, ist dir besonders wichtig, dass …) und dann fragen, was der andere erreichen möchte.
(Nach: Peter Röhrig – Miteinander meckern gehen. managerSeminare, 11/2021, S. 74-78)