INSPIRATION: Wenn Menschen plötzlich eigenständig entscheiden sollen oder sich mit anderen Teammitgliedern einigen müssen, entstehen neue Arten von Konflikten, auf die viele nicht vorbereitet sind. Ein neues Betätigungsfeld für Mediatoren?
Erst einmal: Dass Menschen auch in agilen Settings Konflikte haben, ist nicht wirklich überraschend. Warum sollte es dort anders sein? Natürlich wird viel versprochen, alles soll besser werden. Also gibt es auch die Hoffnung, dass in agilen Teams die Mitglieder anders, also konstruktiver miteinander umgehen. Aber es sind doch immer noch die gleichen Menschen mit den gleichen Bedürfnissen. Und es gibt die gleichen Herausforderungen wie in hierarchischen Organisationen. Nämlich „Wie werden Entscheidungen getroffen?“ – „Wie werden Ressourcen verteilt?“ – „Wie werden Rollen besetzt?“ – „Wie geht man miteinander um?“ Nur dass man in hierarchischen Situationen jemanden hat, der entscheidet, wenn man sich nicht einigt. Der für den Rest den Kampf um die Ressourcen austrägt und die Rollen so besetzt, wie er das für richtig hält. Der Umgang miteinander ist immer ein zentrales Thema.
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Wenn es nun Streit in agilen Strukturen gibt, dann ist der wesentliche Unterschied doch der, dass hier die Rollen „Scrum-Master“ und „Agile Coach“ gefordert sind, für entsprechende Rahmenbedingungen zu sorgen bzw. die Mitglieder dabei zu unterstützen, konstruktive Lösungen zu finden. Deren kurze (agile) Ausbildung aber könne der Rolle nicht gerecht werden, meinen die Autoren in der Zeitschrift für Konfliktmanagement (Agiles Arbeiten 2.0). Das mag zwar sein, aber welche Führungskraft war und ist denn hierfür wirklich ausgebildet? Vermutlich sogar deutlich weniger als jeder Scrum-Master.
Streit in agilen Strukturen
Aber es stimmt ja, ein Coach macht noch keinen Mediator, und in der Tat würde man jeder Organisation wünschen, sich etwas in Sachen Konfliktmanagement einfallen zu lassen. Ob das nun das Angebot einer externen Mediation oder die Ausbildung der Coaches und Scrum Master bedeutet, denn Teamkonflikte wird es überall geben. Anschaulich macht das eine Mediatorin im gleichen Heft, die aus ihrer Erfahrung typische Erwartungen schildert (Arbeiten in einer agilen Welt). Und wo es Erwartungen gibt, können diese enttäuscht werden – was zu Konflikten führt.
- Der Wunsch nach gegenseitigem Vertrauen.
- Die Hoffnung, dass man Probleme unmittelbar anspricht – in passendem Rahmen.
- Die Erwartung, dass man die eigenen Kompetenzen einbringen kann und darf.
- Das Bedürfnis nach wertschätzendem Umgang.
- Die Hoffnung auf Kooperation statt Konkurrenz.
- Der Wunsch, auch als Teilzeitmitarbeiter respektiert zu werden.
- Die Erwartung, dass Transparenz über Einzelabsprachen hergestellt wird.
- Der Wunsch, dass auf persönliche, evtl. belastende Situationen Rücksicht genommen wird.
- Der Wunsch nach einem sicheren Platz im Team.
- Die Erwartung, höchst effizient für die Kunden arbeiten zu können.
- Das Bedürfnis, Neues entdecken zu können und mutige Entscheidungen zu treffen.
Hoffnungen
Nimmt man diese kleine Liste mal und tut so, als seien das Wünsche, die Menschen generell an ihren Arbeitsplatz haben, dann sieht man schon, dass die Chancen auf Erfüllung dieser Erwartungen in einem agilen Team größer sind als in einer klassischen „Abteilung“. Aber was, wenn die Hoffnungen enttäuscht werden? Die Autorin in der ZKM äußert sich ähnlich optimistisch. Die Erwartungen spiegeln auch ein wenig die Haltung der Mitarbeiter wieder, die man in solchen Organisationen findet. Und mit dieser Haltung (z.B. eher kooperativ als kompetetiv) steigen die Chancen, dass bei Konflikten eine Mediation zum Erfolg führt.
Bleibt die Frage, ob Teams eher bereit sind, sich von außen helfen zu lassen als das bei vielen Führungskräften der Fall ist …