9. Dezember 2024

Management auf den Punkt gebracht!

An apple a day …?

KRITIK: Psychische Belastungen und Beanspruchungen im Arbeitsleben nehmen seit Jahren zu. Das ist bekannt. Seit den 1970er-Jahren haben sich die durch psychische Störungen ausgelöste Krankheitstage der Pflichtmitglieder verfünffacht. Man schaue nur in die einschlägigen Reports der Krankenkassen. Burn-out (ICD-Kode: Z73) heißt für manche Mitarbeiter das End‘ vom Lied. Das ist teuer: Für die betroffenen Menschen, die Unternehmen, die Krankenkassen, für die Rentenversicherung. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) schätzte schon im Jahr 2012 die volkswirtschaftlichen Kosten der Arbeitsunfähigkeit durch psychische Störungen auf neun Milliarden Euro.

Doch seit Jahren gibt es einen populären Gegenzauber: Resilienz. Wir müssen alle krisenfest werden! Ein Schelm, der Böses dabei denkt, indem er beides in Verbindung bringt. Denn es ist natürlich überhaupt nichts dagegen zusagen, dass es sinnvoll ist, Mitarbeiterinnen zu befähigen, besser mit Belastungen umzugehen, so dass Fehlbeanspruchungen vermieden werden. Daher ist dieser Themenkomplex auch seit Jahren fester Bestandteil im betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM). Und wenn man es gut macht, schaut man dabei zuerst auf die Arbeitsbedingungen, die Arbeitsorganisation und die Führung (Verhältnisprävention), und danach auf die Mitarbeiter (Verhaltensprävention).


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Fishermen’s-Friends-Parole

Bedauerlicherweise teilt die Mehrheit der Unternehmen diesen ganzheitlichen Blick nicht. Die Verhältnisse zu ändern ist oftmals teuer und zeitaufwändig. Schneller und billiger erscheint es, lediglich an einem Ende, nämlich den Mitarbeitern anzusetzen. Nach der alten Fishermen’s-Friends-Parole „Sind sie zu stark, bist Du zu schwach!“ predigt man diesen, sie müssten ihre Resilienz verbessern: sich abhärten, trainieren, den inneren Schweinehund bekämpfen. „Wo immer in diesem Zusammenhang von Resilienz die Rede ist, wird die Botschaft vermittelt, dass man es zu einem Gutteil selbst in der Hand hat, wie belastbar man aktuell ist und zukünftig sein wird,“ so die Autorin Stefanie Graefe (Warum Resilienz allein es nicht richtet).

Diese Umdeutung einer mehrfaktoriellen Problemlage zu einem individuellen Problem eröffnet nun auch einer Berater- und Ratgeberindustrie vielfältige Chancen. Die Ikone der Resilienz ist das Stehaufmännchen. „Es symbolisiert, dass man am Auf und Ab des Daseins nicht leiden, sondern es spielerisch nehmen soll.“ Und so geraten die Mitarbeiter schnell in Generalverdacht, zu wenig für die eigene Resilienz getan zu haben – insbesondere, wenn sie über hohe Arbeitsbelastungen, schlechte arbeitsorganisatorische Regelungen und schlechte Führung klagen. Die ursprüngliche Idee der Unterstützung von Mitarbeitern pervertiert sich so ins Gegenteil: Wie nicht erst aktuell, sondern schon vor Jahren kritisiert wurde.

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