INSPIRATION: Heute schmunzeln wir über Leitbilder, in denen ein Satz vorkommt wie „Bei uns steht der Mensch im Mittelpunkt!“ Er stammt aus der Anfangszeit der Leitbildprozesse, die in vielen Unternehmen vor Jahren angestoßen wurden. Und gerade solche Sätze waren es, die letztlich nur Zynismus und Verachtung auslösten – spätestens, wenn es mal wieder hieß, dass die Personalkosten zu hoch seien. Und dann alle möglichen Benefits und Fordbildungen gestrichen wurden.
Was denken Sie, wenn Sie von einem Unternehmen erfahren, das von sich behauptet, dass an erster Stelle die Kolleginnen und Kollegen, erst dann der Kunde und an dritter Stelle das Unternehmen steht? Die Inhaberin eines der wenigen familiengeführten Luxushotels erklärt das im Interview mit der managerSeminare (An erster Stelle stehen die Mitarbeitenden); und das ist gerade für ein Hotel erst einmal erstaunlich. Heißt es dort doch normalerweise: Der Gast ist König!
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Die Erklärung der Managerin und Hotelier des Jahres? Sie ist überzeugt, dass „das Gästeerlebnis nie besser sein kann als das Mitarbeitendenerlebnis“. Anders ausgedrückt: Nur wenn es den Mitarbeitenden gut geht, geht es auch den Gästen gut. Das kann vermutlich jeder nachvollziehen, der gerade aus dem Supermarkt kommt und von dem Kassierer angeraunzt wurde. Oder dem erklärt wird, dass man die Musik im Restaurant nicht leiser stellen darf. Weil der Chef angewiesen hat, die Lautstärke hochzudrehen, wenn das Lokal voll ist, damit die Gäste nicht zu lange sitzen bleiben. Kein Scherz, das war die Begründung auf Nachfrage. Wenn dann die Laune der Bedienung rapide sinkt, je länger der Abend dauert – wer wird es ihr nicht nachsehen?
Praktische Konsequenzen?
Aber schauen wir uns die Konsequenzen mal in der Praxis an. Ohne Kunde kein Unternehmen – also muss der Kunde an erster Stelle stehen. Nee, ohne Mitarbeitende keine Produkte, also sollten es die Mitarbeitenden sein. Aber ohne Unternehmen gibt es beide nicht, muss daher nicht das Wohl des Unternehmens an erster Stelle stehen? Mal ein praktisches Beispiel: Der Mandant fordert von dem Mitarbeiter der Steuerkanzlei, seine Zahlen so „anzupassen“, dass er mehr Steuern spart. Der Mitarbeiter will das nicht vertreten und fragt seinen Chef.
Hätte die Kanzlei ähnliche Prioritäten gesetzt wie das erwähnte Hotel, würde die Antwort lauten: „Erklären Sie dem Mandanten, dass wir das nicht machen. Wenn er damit nicht einverstanden ist, muss er sich eine andere Kanzlei suchen.“ Wie häufig wird das wohl vorkommen?
Es wäre schon viel gewonnen, wenn bei Entscheidungen die drei „Stakeholder“ gleichermaßen betrachtet würden: Beeinträchtigt sie das Wohlbefinden der Mitarbeitenden? Führt sie zur Unzufriedenheit beim Kunden? Könnte sie den Erfolg des Unternehmens beeinträchtigen? Und zwar in der Reihenfolge.
Am Beispiel Hotellerie: Der Kunde möchte bei seinem Fest keinen konkreten Endzeitpunkt festlegen. Die Frage ist nun, ob man dem Wunsch nachkommt. Wird das zu Beeinträchtigungen der Mitarbeitenden führen? Sicher. Entscheidet man sich nun dagegen – wird der Kunde unzufrieden sein oder gar abspringen? Möglicherweise. Wird das dann den Erfolg des gefährden? Genau an dem Punkt wird sich dann herausstellen, wie ernst das Versprechen, der Mitarbeitende stehe an erster Stelle, gemeint ist. In letzter Konsequenz nämlich würde es bedeuten: Wir verzichten auf dieses Unternehmen, wenn es nur existieren kann, wenn solche Kundenwünsche erfüllt werden.
Ohne Kunden – keine Mitarbeiter.
Ohne Chefs – keine Strategie.
Ohne Mitarbeiter – kein zufriedener Kunde.
Kunden sind nicht auswechselbar- Mitarbeiter schon.