PRAXIS: Wir möchten gerne als die „Netten“ gesehen werden, also lassen wir uns breit schlagen, wenn mal wieder jemand etwas von uns möchte, obwohl wir gerade selbst genug zu tun haben. Oder vielleicht grade überhaupt keine Lust haben und uns lieber mit anderen Dingen beschäftigen möchten. Wie übt man das Setzen von Grenzen, ohne den anderen vor den Kopf zu stoßen?
Das folgende Vorgehen ist gedacht zum Einsatz im Seminar, aber die verschiedenen rhetorischen Mittel lassen sich auch im „Selbstversuch“ trainieren. Im Seminar beginnt es mit einer kleinen Übung, um das Gefühl des Ablehnens und Abgelehnt werdens spürbar zu machen (Just say no!). Auf dem Boden liegt ein Seil (oder ein andere Markierung), der Trainer bittet zwei Teilnehmer, sich auf beiden Seiten gegenüber aufzustellen. Einer von beiden wird zum Grenzüberschreiter, der andere zum Grenzverteidiger bestimmt. Nun hat der eine die Aufgabe, das Seil zu überschreiten, der andere, dies zu verhindern.
Anzeige:
Die Arbeitswelt braucht agile Coachs, um Selbstorganisation, Innovation und neues Rollenverständnis zu implementieren. Die Neuerscheinung „Agiler Coach: Skills und Tools“ liefert für jeden agilen Coach eine beeindruckende Bandbreite an Grundlagen, Methoden und Werkzeugen für die Team- und Mitarbeiterentwicklung im agilen Arbeitsalltag. Zum Buch...
Erlaubt sind dabei verbale und nonverbale Kommunikation, verboten massiver körperlicher Einsatz. Die anderen Teilnehmer beobachten die Situation. In der Regel dauert diese Übung nur wenige Sekunden, aber sie bietet eine Menge Auswertungsmöglichkeiten. Zudem können Parallelen zum Alltag gezogen werden.
Eine kleine Übung
Danach werden Möglichkeiten vorgestellt, wie man mit Anfragen oder Grenzüberschreitungen umgehen kann, als da wären:
- Kosten (Aufwand) benennen: „Das kann ich gerne machen, bedeutet aber für mich …“ So kann der andere erkennen, was er mir zumutet.
- Delegieren: „Das kann ich gerne machen, wenn das die einzige Möglichkeit ist. Gibt es keine andere Möglichkeit?“
- Gesamtpaket: „Mache ich gerne, aber wie bewältige ich dann meine anderen Aufgaben?“ So wird der andere in die Verantwortung auch für meine Aufgaben eingebunden.
- Projektmanagement: „Mache ich gerne – bis wann brauchst du es spätestens? Wie gut muss es sein?“ Auf diese Weise verhandelt man den Zeitpunkt der „Lieferung“ und die Qualität der Leistung.
- Gegenleistung: „Mache ich gerne, wir sollten uns ja gegenseitig unterstützen. Es gibt mit Sicherheit auch Dinge, bei denen ich deine Hilfe benötige.“ Eine Möglichkeit, wenn man den Eindruck hat, dass es zu oft in die eine Richtung geht.
- Dreiecksklärung: „Kann ich machen – für wen ist das denn? Diejenige könnte direkt zu mir kommen, dann kläre ich das konkret mit ihr.“ Nach dem Motto: Wenn ich schon für jemanden anderen arbeite, dann soll er auch mitbekommen, dass ich die Leistung erbringe.
Im dritten Schritt werden Vierergruppen gebildet. Ein Fallgeber beschreibt eine Situation, in der er schwer nein sagen kann. Die Gruppe überlegt, welche der oben genannten Varianten zu der Situation passt, der Fallgeber sucht sich diejenige raus, die ihm am ehesten liegt, dann wird die Situation mit zwei Rollenspielern geübt.
(Nach: Matthias Hofmann / Melanie Hyll – Just say No! Training aktuell, 10/2015, S. 27-29)