16. Januar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

People Analytics Teil 2

INSPIRATION: Können Algorithmen den Mensch als Diagnostiker ersetzen? Und wenn schon nicht ersetzen, so doch sinnvoll unterstützen? Gemeint ist, dass der Personaler Daten sammelt oder sammeln, per Software auswerten und sich dann Empfehlungen zur Auswahl von Mitarbeitern geben lässt. „People Analytics“ soll gerade mal am Anfang stehen und mächtig anderen Bereichen hinterherhinken. Sagen die einen, die große Hoffnungen wecken.

Aber beginnen wir mal mit den Kritikern. Uwe Peter Kanning, der sich gerne kritisch zu diesen und ähnlichen Themen auslässt, erklärt nachvollziehbar (Humbug schnell entlarven), dass er keine großen Wunderdinge erwartet. Er sieht die Sache pragmatisch: Ein Test, ob online oder auf Papier, ist dann sinnvoll, wenn er den Kriterien der Objektivität, der Reliabilität und der Validität genügt. Kurz zum Verständnis:


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Objektivität bedeutet, dass das Ergebnis nicht vom Testdurchführenden abhängt – wie etwa beim unstrukturierten Interview. Dass also zwei verschiedene „Anweiser“ zu den gleichen Ergebnissen kommen.

Reliabilität bedeutet, dass bei einer Wiederholung das gleiche Ergebnis herauskommt, der Text also immer das Gleiche misst.

Validität bedeutet, dass der Text das misst, was er zu messen vorgibt. Wenn man vom Ergebnis auf berufliche Eignung schließen soll, dann muss das Ergebnis tatsächlich mit der Eignung im Zusammenhang stehen.

Fazit: Wenn Sie ein Verfahren einsetzen, dann sollten Sie Aussagen über diese drei Kriterien finden, ansonsten lassen Sie die Finger davon.

Mehr noch: Es sollten auch Normen genannt sein, also klar sein, mit welchen Vergleichsstichproben gearbeitet wurde. Hilft ja nix, wenn der Text toll ist, aber ihre Kandidaten mit amerikanischen Studenten verglichen werden.

Dann sollte man noch darauf achten, ob Kandidaten den Test akzeptieren. Manchmal muss man da mit Erklärungen nachhelfen, zum Beispiel bei Intelligenztests. Und schließlich: Es sollte verhindert werden, dass die Ergebnisse manipuliert werden – was bei Online-Tests nicht so einfach, aber machbar ist.

Was hat das mit People Analytics zu tun? Erst mal wenig. Es geht zuerst mal darum, sich nicht weismachen zu lassen, dass dank der Digitalisierung nun wahre Wunderdinge möglich sind. Zum Beispiel durch Sprachanalyse am Telefon, wobei das Programm aus 15 Minuten Text die Persönlichkeit erkennt – egal, worüber gesprochen wurde. Oder was wohl auch kommen wird: Die Persönlichkeitsanalyse per Gesichtserkennungssoftware. Wer sich an die Kriterien (oben) hält, wird darauf nicht so leicht hereinfallen.

Kannings Fazit: Keines dieser angeblichen Wundertools leistet auch nur annähernd das, was klassische Tests leisten können, die wissenschaftlich abgesichtert sind. Was nicht gegen Online-Verfahren allgemein spricht – die Tests müssen ja nicht wie früher mit Papier und Bleistift daherkommen. Nur bleiben es die bekannten Testverfahren.

Aber dann gibt es ja noch ganz andere Versprechen. Dank der Digitalisierung und der damit verbundenen Sammlung riesiger Datenmengen sollen Zusammenhänge sichtbar werden, die uns bisher verborgen waren. Vorausgesetzt, die Ausgangsdaten sind von guter Qualität. Tja, da wird es kniffelig. Da wird nicht nur die Sprachstruktur bei Telefoninterviews erfasst und interpretiert, sondern auch Maus- und Blickbewegungen am Bildschirm oder Videoaufzeichnungen (Digital geeignet?). Und vermutlich alle Spuren, die jemand beim Surfen im Internet hinterlässt, zumindest seine Einträge in sozialen Netzwerken oder Blogs.

Stelle ich mir lustig vor, wenn ein Algorithmus alle meine bisher verfassten Texte im Internet auswertet und daraus auf meine Persönlichkeit schließt. Zumal ich vor allem Fachaufsätze und Kommentare zu Fachthemen geschrieben habe, die dann mit den Daten von Kandidaten verglichen werden, die auf Facebook Katzenvideos kommentieren.

Wie also, bitteschön, stelle ich sicher, dass die Ausgangsdaten hochwertig sind? Durch gute Tonaufzeichnungen, klare Videobilder – okay. Aber es werden auch Beurteilungsergebnisse genannt. Das ist mal so richtig spaßig. Kritisch sollen diese sein, wenn der Personaler noch ganz altmodisch Freitextfelder nutzt statt vorgegebene Antworten. Der Algorithmus braucht Kreuzchen, die er auslesen kann. Dann hat er was Handfestes und die Ergebnisse sind glaubwürdig? Wie war das bei Kanning: Objektiv, reliabel und valide – es gibt kaum etwas weniger Objektives als Leistungsbeurteilungen.

Bis „People Analytics“ das hält, was seine Vertreter versprechen, dürfte noch viel Zeit vergehen, da lege ich mich fest.

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