KRITIK: Ich schicke es mal gleich vorweg: Wenn Personaler den Kundennutzen verbessern wollen, brauchen sie meines Erachtens nicht das Etikett“agile Methoden“ oder „Design Thinking“. Hauptsache, es passiert überhaupt etwas. HR-Manager aus 14 Unternehmen haben sich zusammen geschlossen und – vermutlich mit Hilfe der Berater, die den Beitrag im Harvard Business Manager geschrieben haben (In fünf Schritten zur modernen Personalarbeit) – einen Prozess entwickelt, mit dem man die eigenen Dienstleistungen zu optimieren hofft.
Was das mit agilen Methoden zu tun hat? Nichts weiter als ein Etikett, klingt halt gut heutzutage, wenn man verkünden kann: „Auch das Personalmanagement wird agil!“. So sieht das Vorgehen in fünf Schritten aus:
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- Entwicklungsrahmen definieren – beim Lesen wird nicht so ganz klar, was damit gemeint ist. So viel zumindest: Man sollte seine Kunden und deren Bedürfnisse kennen, dazu hat man sich beim Marketing bedient, dort nutzt man schon länger die „Customer Journey„. Die Idee: Was erlebt der Kunde auf seinem Weg zu meinem „Produkt“? Drei Dinge hat man sich angeschaut: Den bzw. die prototypischen Kunden, die man in Form von Personas beschrieben hat, seine prägenden Erfahrungen (Moments that Matters) und seine Kontaktpunkte (Touchpoints), hier vor allem die „Magic Touchpoints“ – diejenigen, die für die jeweilige Persona besonders wichtig sind.
- Verantwortung übertragen – soll heißen, dass Zuständigkeiten verteilt werden, also „Touchpoint-Verantwortliche“, Verantwortliche für die „Moments that Matters“ und für jeden Kommunikationskanal.
- Daten sammeln. Nun kennt man also seine Kunden, weiß, an welchen Kontaktpunkten sie ihre prägenden Erfahrungen machen und sammelt dazu nun alle möglichen Daten, denn wie sonst kann man nachher messen, ob sich etwas verbessert hat. Also z.B. wieviele Menschen sind am Rekrutierungsprozess beteiligt, wie sehen deren Beurteilungen aus, gibt es einen Zusammenhang zur Absage-Quote usw.
- Gemeinsam optimieren. Jetzt geht es los. Ein zweitägiger Journey-Mapping-Workshop, in dem Vertreter der Persona (beim Rekrutierungsprozess also auch Kandidaten), des HR-Managements, HR-Marketings, Vertreter der Touchpoints und Fachleute der IT und Moderatoren, insgesamt bis zu 30 Leute (von jeder Gruppe gleich vier Vertreter). Hier werden die typischen Touchpoints diskutiert, die Schwachstellen analysiert (fensterlose Interviewräume, ungemütliche Wartezonen, kein Getränk zur Begrüßung…) und Ideen zur Verbesserung ausgearbeitet.
- Veränderungen messen. Hier kommt der Net Promoter Score zum Einsatz. Ein einfaches Tool aus dem Marketing: Man befragt z.B. einen Kandidaten nach seinem Einstellungsinterview: „Würdest du es Freunden weiterempfehlen?“ (mit Antwortmöglichkeiten von 1 bis 10). Oder man nutzt den Customer Effort Score, z.B. nachdem jemand eine Bescheinigung beantragt und erhalten hat: „Wie einfach was das für dich?“ (wieder eine Skala von 1 bis 10). Und all das kann heutzutage einfach per App abgefragt werden.
Ich kann es mir nicht verkneifen: Was bitte schön haben solche Versuche, die eigene Dienstleistung zu verbessern, mit Agilität zu tun? Sie sind sinnvoll und der Personalbereich tut gut daran, seine Kunden besser zu verstehen. Aber wer damit nun loszieht und verkündet: Schaut her, auch wir sind inzwischen agil, der betreibt Augenwischerei. Mal im Ernst: Ob ein Bewerber sich mies behandelt fühlt, weil er beim Empfang warten muss oder keinen Kaffee angeboten bekommt, finde ich auch heraus, ohne dass ich mit großem Tamtam „Design Thinking“ einführe.