21. März 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Produkte ihrer Zeit

INSPIRATION: Organisationen sind wie sie sind. Hierarchisch und bürokratisch. Die Bürokratie als Organisationsform war „die vielleicht wichtigste organisatorische Errungenschaft überhaupt“. Sie vereinte zwei Ansätze: Das militärische Prinzip des Kommandierens und Gehorchens und das Ingenieursprinzip eines Frederick Winslow Taylor. Und war enorm erfolgreich, weil sie große Gruppen von Menschen so organisierte, dass sie hochgradig diszipliniert zusammenarbeiteten.

Wer sagt das? Gary Hamel in einem Interview im Harvard Business Manager (Weg mit den administrativen Aristokratien). Aber sie war ein Produkt ihrer Zeit, in der Menschen als reine Produktionsfaktoren galten, die „eine Klasse von Superangestellten“ benötigen, die sie kontrollieren und ihnen sagen, was sie zu tun und wie sie es zu tun hatten.


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Diese Form der Organisation ist heute nicht mehr zeitgemäß, sagt Hamel. Womit wir beim Thema sind. So wie es in vielen Bereichen gravierende Paradigmenwechsel gegeben hat, die wir als selbstverständlich betrachten, hat sich in Sachen industrieller Bürokratie seit 150 Jahren kaum etwas verändert. Organisationen werden im 21. Jahrhundert mit den Dogmen und den Methoden des 19. Jahrhunderts geführt. Sie kommen in einem etwas anderen Gewand daher und heißen vielleicht anders. Schöne Geschichte: Ihm hat ein ehemaliger Manager von SAP erzählt, dass man dort zu seiner Zeit 5.000 KPIs erfasste – was ihm heute etwas peinlich war.

Der Mensch als Werkzeug

Was ist das Problem? Die Haltung. Nach wie vor werden Menschen als Werkzeug betrachtet, die von anderen kontrolliert und gesteuert werden müssen. Natürlich frage ich mich angesichts dieser Feststellung, warum die Bürokratie ein solches Beharrungsvermögen besitzt. Es gibt ja viele Versuche, die Dinge zu ändern, Stichwort Selbstorganisation oder Netzwerkorganisation. Warum bleibt es meist beim Stückwerk? Hamel erklärt das damit, dass Organisationen vor allem administrative Aristokraten belohnen. Um erfolgreich zu sein, muss man in der Bürokratie aufsteigen, also administrative Fähigkeiten besitzen. Das aber sind nicht diejenigen, die zur Wertschöpfung beitragen. Diese geschieht eben nicht in der Zentrale, sondern an der Peripherie.

Noch ein typisches Argument für das Beharrungsvermögen: Menschen mögen keine Veränderungen. Sie bleiben lieber bei dem, was sie gewohnt sind. Lässt Hamel nicht gelten. Wir suchen alle täglich das Neue, das Aufregende, lernen ständig etwas Neues. „Wir Menschen lieben Veränderungen! Was wir nicht mögen, sind Veränderungen, die uns aufgezwungen werden.“ Menschen wollen die Wahl haben. Es stimmt, wir haben uns mit der Bürokratie arrangiert, aber glücklich sind wir nicht.

Womit der Weg eigentlich klar ist. Als erstes müssen wir grundlegend anders über Menschen denken. Wenn Hamel gefragt wird, wie denn die neue Struktur auszusehen hat, antwortet er: „Bevor Sie sich darum kümmern, was Sie tun, möchte ich, dass Sie hinterfragen, wie Sie die Menschen in Ihrem Unternehmen betrachten und mit ihnen umgehen.“ In der Regel finden sich in allen Organisationen Menschen, die als Vorbild dienen – die eben ein anderes Menschenbild vertreten. Und die einen anderen Ansatz erfolgreich verfolgen. Auch ein interessanter Satz: Hamel unterstützt die Suche nach Vorbildern, findet aber, dass die Frage eher lauten sollte: „Lohnt es sich, das zu tun?“ als „Wer hat das schon gemacht?“ Gefällt mir.

Zum anderen müssen wir Menschen an der Neugestaltung von Organisationen beteiligen – keine wirklich neue Forderung, aber immer wieder vernachlässigt.

Gemeinschaft von Gemeinschaften

Aber wie sollen die neuen Organisationen ausschauen, in denen solche Fragen gestellt werden? Wenn es eben keine Bürokratien mehr sein sollen, was dann? Auch dazu hat Hamel einen Vorschlag: Unternehmen sollten Gemeinschaften von Gemeinschaften sein. Ein schöner Gedanke. So wie man das Bild des Menschen in Organisationen neu verstehen muss, so muss man auch (große) Organisationen anders begreifen. Menschen tun sich zusammen, um gemeinsam Ziele zu erreichen, die einzelne nicht erreichen können (Sprenger). Wachsen diese Zusammenschlüsse über eine bestimmte Größe, ist Kontrolle durch die Zentrale eine Antwort. Eine andere ist die der selbstverantwortlichen Teams. Als Beispiel taucht hier wieder das chinesische Unternehmen Haier auf.

Und noch etwas wird hier deutlich: Nämlich was es in solchen Gemeinschaften mit dem Thema Führung auf sich hat. Verstehe ich Hamel richtig, gibt es in jeder Gemeinschaft Menschen, die eine Wirkung über ihre aktuelle Position hinaus erzielen. Die Einfluss nehmen – und damit Führung ausüben. Und dazu benötigen sie nicht die Positionsmacht einer Führungskraft. Einverstanden.

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Johannes Thönneßen

Dipl. Psychologe, Autor, Moderator, Mitglied eines genossenschaftlichen Wohnprojektes. Betreibt MWonline seit 1997. Schwerpunkt-Themen: Kommunikation, Führung und Personalentwicklung.

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