16. Januar 2025

Management auf den Punkt gebracht!

Resiliente Organisationen?

INSPIRATION: Ist eine Organisation resilient, wenn ihre Mitarbeiter resilient sind? Oder ist sie es, wenn sie Resilienz fördert? Oder ist sie es, wenn sie selbst gegen Belastungen und Krisen gefeit ist? Und welchen Stellenwert sollten Resilienztrainings haben?

Ich bin nach wie vor verwirrt, wenn ich über Resilenz im Zusammenhang mit Organisationen lese. Um etwas LIcht in das Begriffs-Wirrwarr zu bringen, nehme ich mal als Vergleich den Begriff „Gesunde Organisation“.

Nehmen wir an, in einem Unternehmen arbeiten lauter gesunde Menschen. Würde man dann von einem „gesunden“ Unternehmen reden, auch wenn die Umsätze sinken und die Existenz auf dem Spiel steht? Vermutlich nicht.

Nehmen wir an, ein Unternehmen tut eine Menge, um die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu fördern (menschengerechte Arbeitsplätze, Lärmschutz, Gesundheitstage, Gesundheitschecks etc.) – ist es dann ein gesundes Unternehmen? Vermutlich auch nicht.

Es ist so eine Sache mit der Verwendung von Begriffen, die in einem Zusammenhang klar zu sein scheinen, dann übertragen werden und plötzlich völlig „zerfasern“. Die Autoren in der Zeitschrift Führung + Organisation (Individuelle Widerstandskraft) sprechen vom „Anthropomorphisieren von Organisationen“ – gemeint ist, Organisationen menschliche Eigenschaften zuzuschreiben. Solche Analagieschlüsse sind in der Tat kritisch.

Und andere Artikel zeigen, dass das Verständnis durchaus unterschiedlich ist. Da sollen sich resiliente Organisationen durch die Schaffung eines resilienzförderlichen Umfeld für Individuen und Teams“ auszeichnen. Und tatsächlich ist hier sogar von resilienten Teams die Rede. Was soll denn das nun wieder sein? Gemeint sind Teams, die in der Lage sind, Krisen schnell zu erkennen und flexibel darauf zu reagieren. Da hinkt die Analogie nun völlig, oder?

Demnach müssten Organisationen also resilient sein, wenn sie sich von Krisen schnell erholen bzw. gegen Krisen gewappnet sind UND wenn sie die Resilienz ihrer Mitarbeiter fördern. Beides? Was für eine Verwirrung. Und wenn es tatsächlich letzteres bedeutet: Gehören dann auch Resilienztrainings zu den fördernden Maßnahmen?

Kapitulationserklärung

Dazu bezieht Jörn Hurtienne (Resilienztrainings – kein Mittel gegen den täglichen Stress) eine klare Position. Er nennt die Begeisterung der Arbeitgeber für Resilienz eine „Kapitulationserklärung„. Das ist etwa so, als wenn man bei Lärm am Arbeitsplatz, statt ihn durch geeignete Maßnahmen zu senken, die Mitarbeiter trainiert, immer brav die Ohrstöpsel zu nutzen oder ihnen beibringt, die besonders lauten Stellen rasch zu erkennen und sie zu vermeiden.

Eine Regel im Arbeitsschutz heißt: „Verhältnisprävention vor Verhaltensprävention“. Wer Resilienztrainings verordnet, der drückt sich entweder davor, die besonders belastenden Rahmenbedingungen zu analysieren und zu verändern oder aber signaliert: Alles wird schneller, die Anforderungen höher, die Veränderungen kommen immer rascher, die ständige Erreichbarkeit muss gegeben sein, der Erwartungsdruck der Eigentümer wird immer stärker – an all dem können wir nichts ändern. Das ist eine Art Dauerkrise, die uns und euch stetig bedroht, da helfen nur noch Resilienztrainings.

Kommen wir noch mal zurück zur Parallele „Gesunde Unternehmen“. Wenn es dem Unternehmen wirtschaftlich gut geht, passt die Analogie „Gesund“ noch am ehesten. Tut ein Unternehmen etwas an den Arbeitsbedingungen, damit die Mitarbeiter möglichst lange gesund bleiben, dann könnte man das ein „Gesundheitsförderndes Unternehmen“ nennen. Und wenn es dann auch noch Trainings anbietet, z.B. zu Themen wie Ernährung, richtiges Sitzen, Rückenschule etc., die auf eine Verhaltensänderung der Mitarbeiter abzielen, dann ist das meines Erachtens nett, aber eine Zusatzleistung, die wenig mit einem „gesunden“ Unternehmen zu tun hat. Es sei denn, die Arbeitsbedingungen führen dazu, dass die Mitarbeiter etwas für ihren Rücken tun müssen – aber dann sind wir wieder bei „Verhältnis- oder Verhaltensprävention“…

 

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