PRAXIS: Eine vertraute und leider oft sehr ärgerliche Erfahrung: In Teams oder in Paar-Beziehungen gibt es immer wieder Konfliktsituationen, die nach einem bestimmten Muster ablaufen. In der Regel kennen die Beteiligten die einzelnen Schritte und merken sofort, wenn es los geht. Aber den Ablauf können sie dennoch nicht ändern. Die Rührei-Methode hilft hier weiter.
Die Idee: Die beteiligten Parteien beschreiben den typischen Ablauf eines wiederkehrenden Konfliktes, anschließend verändert man die Reihenfolge mal ganz bewusst und schaut, welche Auswirkungen das auf den Verlauf hätte. Das klingt absurd, hilft aber, sich den Ablauf aus der Distanz anzuschauen und zu neuen Verhaltensweisen zu kommen. Dabei wird auch die Macht des Humors genutzt.
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Distanz schaffen
1. Schritt: Der Coach/Moderator erläutert, dass es ganz normal ist, wenn sich im Laufe der Zeit bestimmte Muster einstellen, diese vielleicht einmal ihre Berechtigungen hatten, aber inzwischen unerwünschte Nebenwirkungen erzielen. Er erläutert auch, dass in den verschiedenen Reaktionen die besonderen Stärken und Eigenheiten der Beteiligten deutlich werden, darin auch Ressourcen liegen können. Und dass durch die emotionalen Verstrickungen regelmäßig bestimmte Knöpfe beim anderen gedrückt werden, die zum typischen Ablauf führen.
2. Schritt: Jetzt geht es um das erwünschte Ergebnis, die Frage könnte lauten: „Wenn es uns gelingt, das vertraute, schädliche Muster durch ein anderes zu ersetzen, das zum gewünschten Ergebnis führte – was wäre dann das Ergebnis?“ Wichtig für den Moderator: Negative Äußerungen in Zielzustände umwandeln!
3. Schritt: Nun wird der typische Verlauf geschildert: Womit fängt er an, wie geht er weiter, womit endet er? Dabei ist wichtig, die verschiedenen Sichtweisen zu berücksichtigen. Sagt jemand: „X eröffnet die Sitzung, und Y verdreht die Augen.“ Und ein anderer sagt: „X fängt umständlich mit seinem Standpunkt an und verheddert sich in Details, dann ist Y sofort auf 180 und alle anderen entnervt.“ Dann könnten die einzelnen Schritte lauten: 1. X eröffnet die Besprechung; 2. Andere reagieren mit Unwohlsein.“
Die einzelnen Schritte werden auf Karten geschrieben und in der typischen Reihenfolge angepinnt oder auf dem Boden ausgelegt. Es sollten zwischen 10 und 15 Schritte sein, wenn es mehr werden, sollten einzelne zusammengefasst werden.
4. Schritt: Die Reihenfolge wird variiert. Das kann geschehen, indem man fragt: Wie könnte man den Ablauf durcheinander bringen? Alle Ideen sind erlaubt, wichtig ist, darauf zu achten, wie sich die neue Reihenfolge anfühlt. Wenn der Körper Zustimmung signalisiert, dann passt es.
Kommen aus der Gruppe keine Vorschläge oder werden die ersten Ideen nicht begrüßt, kann auch der Moderator einen Vorschlag machen: „Was wäre, wenn Sie in Zukunft statt …?“ und dabei eine Karte woanders platziert oder vertauscht. Die Folge ist in der Regel Schmunzeln, Erheiterung, womit die hilfreiche spielerische Atmosphäre erzeugt wird. Es geht nicht darum, einen perfekten Ablauf zu konstruieren, sondern erst einmal das Muster zu unterbrechen.
5. Schritt: Hat man eine neue Abfolge gefunden, wird gemeinsam geprüft, ob diese funktionieren kann. Hier hilft es sich zu überlegen, wie man nach der „Musterunterbrechung“ Schritt für Schritt vorgeht, um sicherzustellen, dass die neue Reihenfolge eingehalten wird. Dazu bietet sich ein Rollenspiel an, indem man z.B. eine vertraute Situation mit der neuen Abfolge durchspielt. Der Moderator hilft, indem er die einzelnen Schritte noch einmal aktiv hinterfragt und klärt, ob diese sich richtig anfühlen. Das kann und sollte Spaß machen.
Weiterhin ist zu empfehlen, an einem aktuellen Thema, das erfahrungsgemäß schwierig ist, die neue Abfolge anzuwenden. Der Moderator zieht sich hieraus zurück, beobachtet nur und überlässt den Beteiligten die Diskussion.
Die Rührei-Methode kann auch im Einzelsetting oder in der Paar-Beratung eingesetzt werden.
(nach: Oliver Martin: Die Rührei-Methode. In: Peter Röhrig / Martina Scheinecker (Hrsg.) – Lösungsfokussiertes Konflikt-Management in Organisationen. S. 237-248)