KRITIK: Den Artikel hatte ich schon abgehakt, mich aber dann doch entschieden, ihn zu kommentieren. Tesla baut bekanntlich ein Werk in Deutschland und sucht Ingenieure. Der Boss persönlich soll angeblich die Gespräche für die höheren Ebenen führen. Was Kandidaten zu erwarten haben, will die Wirtschaftswoche in Erfahrung gebracht haben (Manchmal wirkt er wie weggetreten). Wobei sie es eigentlich nicht wirklich wissen kann, weil Tesla die Kandidaten verpflichtet, über das Gespräch Stillschweigen zu bewahren.
Einer, der wohl vom Chef persönlich interviewt wurde, berichtet über eine zentrale Frage: Was war die schwierigste Aufgabe, die du in deinem Leben bisher bewältigt hast? Wie hast du sie gelöst? Und warum hast du das Vorgehen gewählt und kein anderes?
Da sind wir völlig aus dem Häuschen, oder? Verhaltensbasiert fragende Interviewer lassen sich solche Geschichten hoffentlich immer erzählen – und fragen nicht nach Stärken und Schwächen. Und selbst wenn, dann lassen sie sich die Antworten eben genau durch solche Beispiele belegen, nämlich anhand von Situationen, in denen jemand wirklich gefordert war. Wobei es gleichermaßen interessant ist, ob die Situation nun erfolgreich gelöst wurde oder mit einem Misserfolg endete. Weil Menschen nicht gerne von Misserfolgen berichten, muss man dann schon hartnäckiger nachfragen.
Situationsbedingte Lösungen
Wenn das also das Geheimnis der Einstellung bei Tesla ist, sind wir aber beruhigt, und müssen uns keine Sorgen machen, dass der geniale Chef anderen Unternehmen die besten Leute wegschnappt. Wobei er das aber offenbar aus einem anderen Grunde schafft: Viele Kandidaten wollen für ihn arbeiten. Dabei wird hier berichtet, dass er Mitarbeiter auch mal gerne öffentlich abkanzelt und man froh sein kann, dann nicht sofort gefeuert zu werden. Dass er Leistungen erwartet, die man kaum erbringen kann und davon ausgeht, dass man sein Leben in seinen Dienst stellt. Auch die Tatsache, dass Tesla ca. 20% weniger zahlt als die Konkurrenz, dämpft offenbar den Enthusiasmus nicht.
Die Ernüchterung scheint dann erst zu kommen, wenn man einmal im System steckt. So begeistert die Kandidaten sind, wenn sie eine Zusage erhalten, so schnell sollen sie angeblich auch wieder weg sein. Ich vermute, die Autoren der Wirtschaftswoche liegen richtig, wenn sie behaupten, dass es wohl einen bestimmten Typ von Ingenieur gibt, der es liebt, hart gefordert zu werden, an nahezu unlösbaren Problemen zu arbeiten und all das für ein zur Zeit sehr angesagtes Unternehmen. Wobei die Autobranche ja offenbar nach wie vor Technik-Freaks magisch anzieht.
Was ich mich bei der Lektüre noch gefragt habe: Welchen Reiz kann es haben, für einen Menschen zu arbeiten, der als „launisch und nachtragend“ gilt und intern über Leute, die ihm quer kommen, Sätze von sich gibt wie „Der kriegt keinen Fuß mehr auf die Erde“? Offenbar übt der Erfolg ebenfalls eine hohe Anziehungskraft aus, da möchte man ein wenig vom Sonnenschein abbekommen. Seltsam.