7. Oktober 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Schöpferische Irrtümer

PRAXIS: Wir kommunizieren immer häufiger schriftlich – ob mit der guten alten E-Mail oder per Chat-Werkzeug. Die Vorteile liegen auf der Hand: Etwas beschäftigt uns, muss geklärt werden, wir haben eine Frage: Eintippen, abschicken und auf Antworten warten. In der Zwischenzeit können wir uns mit anderen Dingen beschäftigen. Funktioniert nur nicht immer. Wir übersehen dabei, dass Sprache eben mehr ist als ein Medium, um Informationen weiter zu geben oder auszutauschen. Sie wurde erfunden, um Beziehungen zu pflegen und Kontakt herzustellen. Eigentlich, so Reinhard Sprenger, sollte sie „bei wachsenden Personengruppen den Körperkontakt ersetzen“ (Streit gehört nicht in E-Mails).

Klingt erstmal witzig. Aber kann man so sehen: Wozu reden, wenn man mit Gestik und Mimik seine Wünsche zum Ausdruck bringen konnte, zur Not auch mal mit der Faust. Aber wenn die Zielgruppe größer wird, dann hilft Sprache. Wenn sie noch größer wird, dann die schriftliche Variante der Sprache, damit erreicht man eben ganz viele Menschen. Gerade, um Informationen zu transportieren, eben einseitig, eignet sie sich hervorragend. Aber auch, um Dinge zu klären? Um etwas gemeinsam zu schaffen, um Kreatives entstehen zu lassen? „Im mündlichen Kontakt wimmelt es von schöpferischen Irrtümern,“ schreibt Sprenger, während das Schreiben die Kommunikation „arretiert.“


Anzeige:

Die Arbeitswelt braucht agile Coachs, um Selbstorganisation, Innovation und neues Rollenverständnis zu implementieren. Die Neuerscheinung „Agiler Coach: Skills und Tools“ liefert für jeden agilen Coach eine beeindruckende Bandbreite an Grundlagen, Methoden und Werkzeugen für die Team- und Mitarbeiterentwicklung im agilen Arbeitsalltag. Zum Buch...


Wenn sich Kommunikation durch Medien verändert

Zwei Dinge haben die modernen Kommunikationsmedien drastisch verändert: Zum einen kann ich heute Menschen damit „in Echtzeit“ erreichen mit der Konsequenz, dass ich in der Regel auch eine unmittelbare Antwort erwarte. Was vorher eben nur in direktem Kontakt oder per Telefon möglich war. Vor allem: Ich kann jeglichen Smalltalk, jegliches Herantasten an ein Thema komplett fallenlassen, direkt zur Sache kommen. Wer würde schon jemanden anrufen und ohne große Begrüßung und ohne Nachfrage, wie es ihm grade ergeht, nur den Satz raushauen: „Hi – hast du noch die Kontaktdaten von der Kollegin, die uns letztes Jahr verlassen hat?“

Zum anderen: Ich kann jetzt auch schriftlich viele Menschen gleichzeitig erreichen, ohne sie einzeln anzusprechen. Die Entfernung konnten auch Briefe oder das Telefon überbrücken, aber eine Vielzahl von Menschen gleichzeitig zu informieren oder zu befragen und dann, wie oben beschrieben, auch eine unmittelbare Antwort zu erwarten, das ist in der Tat völlig neu. Das konnten zwar Medien wie Rundfunk und Fernsehen, aber nicht jedes Individuum.

Die Medienwahl überlegen

Nur (und jetzt wird es schwierig) all das verleitet uns u.a. dazu, Dinge klären zu wollen, für die diese Medien nun mal denkbar schlecht geeignet sind. „Alles Konfliktäre gehört nicht in E-Mails!“ schreibt Sprenger, und das kann man nur unterstreichen. Wobei ich es nicht so absolut sehen würde. Ich stimme völlig zu: Wenn es irgendwie machbar ist, sollte man das persönliche Gespräch suchen oder zum Telefon greifen. Dann kann ich Untertöne heraushören, auf Missverständnisse unmittelbar eingehen, Emotionen wahrnehmen und ansprechen. Vor allem: Echte Klärungen herbeiführen. Was genau viele wohl davon abhält: Man muss sich „auseinandersetzen“, und das kostet Energie, Kraft und kann auch sehr schmerzhaft sein.

Dennoch denke ich, dass schriftliche Mitteilungen auch im Konfliktfall hilfreich sein können. Immer vorausgesetzt, die Beziehung ist nicht dramatisch gestört. Ein schriftlich formulierter Text ist – hoffentlich – wohl überlegt, er hilft, die eigenen Gedanken zu ordnen, sich über das eigene Anliegen klar zu werden. Und wenn er genau dafür genutzt wird, im Sinne von: „Schau mal, das sind die Dinge, die mir durch den Kopf gehen, die mich beschäftigen, über die ich gerne mit dir reden möchte.“ Dann spricht m.E. nichts gegen eine E-Mail. Eben wenn darauf das persönliche Gespräch folgt. Im Grunde ist es die vertraute Funktion eines Briefes, der die Dynamik eines potenziellen Konfliktes bremst, erst einmal die eigene Sichtweise mir selbst, aber auch dem anderen bewusst macht und dann in ein Klärungsgespräch mündet. 

Teile diesen Beitrag:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert