INSPIRATION: Mitarbeiter als „Corporate Influencer“ einzusetzen, empfand ich bisher als schräge Idee (Den eigenen Ruhm mehren). Sie aufzufordern, positiv über den eigenen Arbeitgeber in sozialen Netzwerken zu reden, von ihrem Dasein im Unternehmen zu berichten und so die Aufgabe der Unternehmenskommunikation zu unterstützen – für mich klingt das so, als wolle man das, was Menschen ohnehin tun (nämlich mit anderen über ihre Arbeit und deren Bedingungen zu sprechen), kanalisieren und steuern. Ein Unterfangen, das ich nicht als sonderlich erfolgversprechend ansehe.
Um nun von der Wirtschaftswoche eines Besseren belehrt zu werden (Sicht im Schacht). Es geht um K+S, einen großen Düngemittelhersteller. Dort gibt es einen Social-Media-Beauftragten, der 15 Mitarbeiter ausgewählt hat, mit denen er einer „Digitaloffensive“ gestartet hat. In einem 12-monatigem Programm sollen sie fit gemacht werden, als Botschafter des Unternehmens auf LinkedIn fleißig zu berichten. Nicht alle, die er ansprach, erklärten sich auch dazu bereit – ist halt nicht jedermanns Sache.
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Diejenigen, die Lust dazu hatten, setzen sich sehr divers zusammen – da ist ein Trainee aus dem Bergbau, ein Expat in Australien und der Chefsprengmeister des Unternehmens mit von der Partie. Die Idee: Die Menschen sollen mitbekommen, welche Möglichkeiten der Konzern zu bieten hat. Und sie alle dürfen von ihrem Fachgebiet, über ihre Arbeit und ihre Erfahrungen berichten, sie „sind in ihren Formulierungen und Schwerpunkten frei.“ Auf diese Weise erreichen sie sehr unterschiedliche Zielgruppen – ein jeder in seiner Nische mit seinem speziellen Ausschnitt.
Training und Erfolgskontrolle
Was daran so besonders ist? Es könnte doch ohnehin jeder Mitarbeitende über sein Spezialgebiet im Internet berichten, ob der Arbeitgeber das unterstützt oder nicht. Hier aber bekommen die Freiwilligen einige Hilfsmittel an die Hand. Eine PR-Agentur hilft ihnen mit Tipps und Tools. Regelmäßig finden Seminare statt, in denen die Teilnehmer lernen, wie man interessant formuliert. Oder wie man Kurzvideos dreht. Pro Woche können die Influencer eine Stunde ihrer Arbeitszeit in die neue Nebentätigkeit investieren.
Außerdem schaut man sich die Resultate an: Wöchentlich treffen sich alle und ziehen Bilanz. Verglichen wird die Zahl der Follower und Kommentare bei den Influencern mit denen des Firmenaccounts, der von den Profis gepflegt wird. Und siehe da – nach der Hälfte des Programms haben die persönlichen Profile die Zahlen der Firmendarstellung deutlich übertroffen.
Der Verantwortliche nennt das Ganze die „Demokratisierung der Unternehmenskommunikation“. Man könnte auch von Delegation sprechen. Nach wie vor denke ich, dass das Ganze seine Nebenwirkungen hat. So wie es bekanntlich auch knifflig ist, Mitarbeitende dazu anzuhalten, Ideen einzubringen und die Arbeit der Forschungs- und Entwicklungsabteilung zu unterstützen. Aber wie schon erwähnt: Menschen denken ohnehin selbst mit. Und Menschen reden und schreiben ohnehin über ihre Tätigkeit. Sie hierbei zu unterstützen könnte eine Win-Win-Situation sein: Sie erwerben neue Kompetenzen und machen sich einen Namen, das Unternehmen macht auf sich aufmerksam. Und gewinnt (vielleicht) interessante Bewerber.