21. November 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Seelenstriptease?

INSPIRATION: Sollen Führungskräfte Emotionen zeigen? Na klar. Top-Manager auch? Aber sicher. Thema durch. Doch halt: Was würden Sie sagen, wenn sich Ihr CEO vor die versammelte Mannschaft stellt und verkündet: „Leute, es knirscht an allen Ecken und Kanten, die Zahlungsmoral sinkt, die Zahlen sehen nicht gut aus, die Analysten sitzen mir im Nacken – ich bin erschöpft, schlafe schlecht und fühle mich ausgelaugt.“ Eher unrealistisch.

Genauso unrealistisch wie auf die Frage des Vorstandskollegen: „Wie geht’s?“ zu antworten: „Ehrlich gesagt, nicht besonders. Mein Sohn wird wohl sitzenbleiben und hat keine Lust mehr auf Schule, meine Frau möchte eine Paartherapie und es fällt mir schwer, mich auf den Job zu konzentrieren.“ Das Gesicht des Kollegen möchte ich mal sehen. Also lautet die Antwort maximal: „Geht so, könnte besser sein.“ Und vermutlich wird der Kollege maximal antworten: „Oh, das tut mir leid.“


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Mal reden?

Wie sieht es also aus mit der Empfehlung, auch mal über eigene Emotionen zu reden? In einem Fallbeispiel berichtet ein CEO, dass er von den Rückmeldungen in einer Mitarbeiterbefragung persönlich schwer getroffen war, weil diese zum Teil unter die Gürtellinie gingen (Superkraft Verletzlichkeit). Statt nun bei seiner Ansprache wie üblich nur auf die Zahlen und Ergebnisse einzugehen, begann er damit zu erzählen, was die Anmerkungen bei ihm persönlich ausgelöst, wie sie ihn getroffen hatten und was er bereit war zu tun, um wieder Vertrauen aufzubauen.

Ich kenne die Rede nicht im Wortlaut, aber es klingt so, als wäre schon ein Satz wie: „Die Anmerkungen haben mich persönlich verletzt!“ für Top-Manager ungewöhnlich. Und darauf läuft es schließlich hinaus: Man muss, so die Autoren, nicht gleich „kollektiven Seelenstriptease“ verordnen. Aber da, wo auch ein Manager von Ereignissen nachhaltig berührt ist, darf und sollte er das äußern, statt zu versuchen, immer und überall Stärke zu zeigen, „sich unverwundbar zu geben und unerschütterlichen Optimismus auszustrahlen.“

Sich verletzlich zeigen

Was genau passiert, wenn Manager sich verletzlich zeigen? Das, was wir alle aus unserem Privatleben kennen: Wenn wir uns Menschen mit unseren Ängsten und Sorgen öffnen, entstehen echte Verbindungen, die auch in Krisenzeiten Bestand haben. Soll heißen: Wir sind eher bereit, Menschen zu vertrauen, die Nähe zulassen. Mag sein, dass das Image des ewig optimischen, unerschütterlichen Helden einer Organisation eine Weile trägt, aber auf Dauer wohl eher nicht.

Aber wo zieht man die Grenze? Zu erklären, dass man gerade mal nicht gut drauf ist: Ist das noch vertretbar? Zu erzählen, warum das so ist (siehe oben: „… mein Sohn … meine Frau …“), ist wohl zu viel – und auch gar nicht nötig. Ein erster Schritt wäre, die Frage „Wie geht’s?“ etwas ernster zu nehmen. Wenn man sie stellt, sich nicht mit einem „Okay“ zufrieden zu geben, sondern vielleicht mal nachzuhaken: „Und wie geht es wirklich?“ Zum anderen selbst auf die Frage eine ehrlich Antwort zu geben – ob nun „Wunderbar – freue mich auf diesen Tag!“ oder „Nicht so besonders, hätte gut noch zwei Stunden schlafen können.“

Letztlich entscheidet jeder selbst, wie weit er gehen möchte, wenn er anderen Einblick in seine Gefühlswelt gibt. Das Plädoyer der Autoren lautet: Es ist okay, es überhaupt zu tun. Genauso wie es für Top-Manager okay ist, Fehler zuzugeben. Aber das dürfte vermutlich noch mehr Mut erfordern …

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