INSPIRATION: Für mich klingt es zunächst absurd, beim systemischen Vorgehen von „Rezepten“ zu sprechen. Aber bei genauerem Hinsehen entpuppen sie sich zumindest als wertvolle Anregungen, wie man als systemischer Berater einem Veränderungswunsch begegnen kann.
Gleich 20 solcher Rezepte hat Martin Pichler in der wirtschaft + weiterbildung (20 systemische Rezepte) aufgeführt, die er dem Buch von Fritz Simon (Formen) „entnommen“ hat. Hier nun die Verkürzung der Verkürzung und der Versuch, sie so verständlich wie möglich zu formulieren. Wobei der Text von Pichler schon bemerkenswert pragmatisch ist.
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- Wenn Ihnen jemand etwas erzählt, glauben Sie nicht, dass Sie ihn verstehen. Man kann sich dem Gemeinten nur annähern, indem man versucht, das Gesagte zu konkretisieren. Schöne Unterscheidung: Man frage nach der Innenseite („Woran würden Sie merken, dass die Zusammenarbeit besser funktioniert?“) und nach der Außenseite („Was wäre weg, wenn die Zusammenarbeit besser funktioniert?“)
- Wir vermischen in der Regel Beschreibung, Erklärung und Bewertung von Phänomenen – versuchen Sie, so gut es geht, zwischen diesen dreien zu differenzieren. Beginnen Sie möglichst mit der Beschreibung, hierauf kann man sich am ehesten verständigen.
- Geben Sie sich nach der Beschreibung nicht mit einer Erklärung zufrieden, sondern fragen Sie nach Alternativen – ebenso nach alternativen Bewertungen: Was ist positiv, was negativ an dem Status? Was ist positiv, was negativ an dem Zielzustand? Es geht um alternative Hypothesen. Beschreibe ich einen Zustand anders, verändert das automatisch die Bewertung und Erklärung – und umgekehrt.
- Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf ein Thema allein ist schon die beste Voraussetzung für eine Veränderung. Wenn etwas als wichtig erscheint, dann hilft es schon, wenn die Aufmerksamkeit auf dieses Thema gelenkt wird.
- Bevor Sie versuchen, etwas zu ändern, versuchen Sie zu verstehen, wie der „Gegenstand der Veränderung“ es schafft, sich nicht zu verändern. Ein sehr schönes Rezept: Dinge verändern sich nämlich von selbst, es sei denn, jemand oder etwas sorgt dafür, dass der Status quo beibehalten wird.
- Schauen Sie sich nie ein System alleine an – soll heißen: Wenn Sie es mit einem Menschen und seiner Psyche zu tun haben, dann werfen Sie immer auch einen Blick auf das soziale System. Und entscheiden bewusst, welche Beziehung zwischen welchen Systemen Sie betrachen möchten.
- Bedenken Sie, dass Ihre „Beobachtung“, sprich alles, was Sie an Tools und Instrumenten (z.B. Fragebögen) verwenden, einen Einfluss auf den „Gegenstand“, den Sie beobachten, hat. Entsprechend sorgfältig sollten Sie ihre Methoden auswählen und ihren Einfluss „auf der Rechnung“ haben.
- Prüfen Sie, ob es wirklich sinnvoll ist, Arbeit in das psychische System zu investieren. Wenn 20 Prozent der Mitarbeiter einer Organisation ihr Verhalten ändern müssten, damit sich etwas bewegt, ist es vermutlich leichter, die Organisation zu verändern.
- Prüfen Sie, welche Probleme durch die Existenz eines Systems gelöst werden. Ein soziales System besteht, weil es ein Problem löst – das muss aber nicht das sein, für das es gegründet wurde bzw. das, was offiziell verkündet wird. Immer eine gute Frage: Die nach dem „WOZU„: Welche Funktion soll das System erfüllen?
- Vernachlässigen Sie nie die Machtbeziehungen innerhalb eines Systems. Wer bzw. wessen Funktion ist austauschbar und welche nicht? So erkennen Sie das Zustandekommen von Entscheidungen.
- Konzentrieren Sie sich auf die Beziehungen in personenorientierten Systemen – sachliche Konflikte sind oft vorgeschoben, es geht in der Regel um die Klärung von Beziehungsproblemen.
- Achten Sie auf eigene Körpersignale – Ihr biologisches System erkennt Beziehungsangebote, also hören Sie auf Ihrem Bauch. ABER: Gehorchen Sie ihm nicht.
- Spielen Sie über Bande: Wenn Sie eine Organisation verändern wollen, verändern Sie Programme, tauschen Personen aus, ändern formale Strukturen. Dann verändert sich auch die Kultur, und zwar langsam und selbstorganisiert.