26. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Temporäre Partnerschaft

INSPIRATION: Die Gestaltung von Kundenbeziehungen ist kompliziert geworden, unter anderem deshalb, well es den „Normal-Kunden“ nicht mehr gibt. Und weil zufriedene Kunden angeblich nicht mehr reichen, sie sollen begeistert sein. Mehr noch: Sie sollen einen „lieben„. Was das für Mitarbeiter bedeutet und worin die Alternative besteht, erklären Kaduk und Osmetz in der managerSeminare (Entfesselt verbunden).

Es reicht offenbar nicht mehr aus, ein gutes Produkt zu erstellen oder eine ordentliche Dienstleistung zu erbringen. Kunden wollen Erlebnisse, begeistert werden – sie sollen das, was sie erwerben, „lieben“. So wie alle möglichen Unternehmen plötzlich das, was sie tun oder herstellen oder verkaufen, „lieben“. Zum Beispiel Lebensmittel. Oder andere zu unterhalten…


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Die Autoren bezweifeln zurecht, ob jemand, der neue Farbkartuschen für seinen Drucker bestellt, wirklich „in die smarten Zusatzservices fantastischer Farberlebniswelten eintauchen“ möchte. Soll heißen: Die Versuche, die Beziehung zum Kunden immer mehr zu emotionalisieren, sind zumindest fragwürdig – abgesehen davon, ob der Kunde überhaupt geliebt werden möchte. 

Ein Kernproblem in der Kundenbeziehung: Das Unternehmen bietet seine Dienstleistung zig-fach an (zum Beispiel den Verkauf eines Autos oder das Mehr-Gang-Menü), für den Kunden ist es ein spezielles Ereignis. Soll heißen: Für die Mitarbeiterin ist es Routine, aber sie soll ebenso begeistert sein und echte Emotionen zeigen. Mehr noch: Das Gefühl der Begeisterung soll echt, authentisch sein. Ein Problem. Sicher, man kann sich durchaus mal mit dem Kunden freuen, und manchmal macht es ja auch richtig Freude. Aber immer? 

Wie also geht der Mitarbeiter „mit dieser ungleich verteilten persönlichen Betroffenheit“ um? Autosuggestion ist eine Möglichkeit, aber das funktioniert nur bis zu einem gewissen Grad, dann wird der Mensch überfordert. Die Alternative? „Abrüsten“ lautet die Antwort. Nicht noch mehr versprechen, keine Liebe mehr in Aussicht stellen, stattdessen Strukturen schaffen, die es Mitarbeitern ermöglichen, tatsächlich auf ein Kundenbedürfnis einzugehen. Dann müssen diese keine Gefühle mehr vortäuschen, sondern können sich wieder „auf eine sachlich und qualitativ einwandfreie Leistungserbringung konzentrieren„.  

Jetzt kommt der entscheidende Satz: Immer wieder zeigen Unternehmen dieses „sinnlose Bemühen, Dinge zu managen, die üblicherweise von selbst entstehen, wenn man ihnen den Raum dazu gibt.“ Die Autoren machen das an dem Thema „Vertrauen“ fest, hier wird besonders deutlich, dass man es nicht „managen“ kann. Das wirksamste Signal, dass man es ernst meint, ist eine „permanente Exit-Option„. Wenn ich also nicht versuche, mit allen möglichen Kundenbindungsprogrammen die Kunden ans Unternehmen zu fesseln. 

Dazu aber muss ich den Mitarbeitern die Möglichkeiten geben, persönlichen Kontakt aufzubauen, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen und vor allem die Entscheidungsbefugnisse haben, die dazu nötig sind. Hilft ja nix, wenn der Mitarbeiter sagt: „Ich würde Ihre erlittenen Nachteile gerne ausgleichen, aber das darf nur der Online-Kundendienst…“

Noch ein interessanter Aspekt: Eine solche Beziehung zum Kunden kann eigentlich nur eine Art „temporäre Partnerschaft“ sein, die man behutsam aufbaut und pflegt – von beiden Seiten. Dazu gehört auch die Möglichkeit, Geschäfte nicht zu tätigen, sprich: einen Verkauf abzulehnen, weil man eben nicht mit jedem in eine Geschäftsbeziehung treten möchte.

Als praktische Beispiele wird der Möbelunternehmer Moormann genannt, der auf jeglichen Außendienst verzichtet und sich seine Händler gezielt auswählt. Zum anderen die schwedischen Handelsbanken, die schon viele Jahre auf Budgets und Bonuszahlungen sowie auf „Aufdringlichkeit in der Kundenbetreuung“ verzichten. Stattdessen gilt das Prinzip, dass ein Kunde nie mit jemandem sprechen soll, der nicht entscheiden kann. 

Mit solchen Mustern, Regeln und Strukturen wird sich eben genau das einstellen, was andere Unternehmen managen wollen emotionale Bindung auf Zeit.

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