26. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Tritt vors Schienbein

INSPIRATION: Im Tante Emma Laden trafen sich früher die Kunden nicht nur um einzukaufen, sondern auch, um sich auszutauschen, Neuigkeiten zu erfahren, ein Schwätzchen zu halten. Und vermutlich erhielten die Inhaber auch gute Tipps über neue Produkte. All das findet heute in Online-Kunden-Communities statt – vorausgesetzt, man beachtet einige Regeln. Und hat ausreichend Geduld.

Der Gedanke ist nach wie vor sehr verlockend: Man binde die Kunden in die Produktentwicklung ein, lasse sie Ideen entwickeln und Produkte testen und schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Unternehmen kommt an neue Produkte und stärkt die Kundenbindung – wunderbar. Wenn es denn so einfach wäre. Die Brand eins (Gemeinsame Sache) beschreibt einige sehr erfolgreiche Beispiele, angefangen von einer Unternehmerin, die Menschen zu einem „Tanz-Tee“ einlud und von Tee-Freunden überrannt wurde über Lego-Ideas, das 1,5 Millionen registrierte Mitglieder hat, die Gewürzmarke Ankerkraut, die Heimwerker-Gemeinschaft von Bosch, das Forum Motortalk von Mobile.de und die Brauerei Brewdog.


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Warum funktionieren diese Communities? Vor allem: Wie funktionieren sie? Grundlage ist, dass sie alle ein Kundenbedürfnis erfüllen. Eine Community zu gründen, weil das angesagt ist, klappt so sicher nicht. Sodann muss es klare Regeln geben. Bei Lego läuft das vorbildlich. Die Kunden müssen älter als 13 Jahre sein, wenn sie Entwürfe einreichen wollen. Diese dürfen aus maximal 3.000 Steinen bestehen und müssen innerhalb bestimmter Zeiträume Stimmen eingesammelt haben. Danach werden sie auf Originalität und Umsetzbarkeit geprüft. Derjenige, dessen Entwurf tatsächlich produziert wird, wird mit am Umsatz beteiligt.

Hier wird das Prinzip deutlich: Kunden liefern Ideen, andere Kunden bewerten diese, das Unternehmen greift die Ideen auf und beteiligt die Ideengeber an dem Erfolg. Bei Lego ist man beeindruckt, denn auf diese Weise erhält man „mehr Einfälle, als wir selbst sie je haben könnten.“ Man hat es wirklich geschafft, wenn die Mitglieder einer solchen Community nicht wegen der Marke kommen und bleiben, sondern wegen der anderen Mitglieder. Es ist der Austausch, die Begegnung mit anderen Menschen (siehe oben): Wenn sie anfangen, sich über andere Dinge zu unterhalten und nicht mehr ausschließlich über das Produkt diskutieren, dann lebt die Gemeinschaft. Die Marke ist dann nur der Gastgeber.

Ein interessanter Punkt: Die wesentliche Voraussetzung für den Aufbau einer Community ist, dass das Unternehmen schon vorher eine gute Beziehung zur Basis verfügt. Zu Menschen eben, die ihr Leben lang von Legosteinen begleitet wurden, die schon immer die Produkte von Bosch beim Heimwerken nutzten oder die Gewürze zum Kochen. Oder Fans einer bestimmten Biersorte sind. Wer versucht, den Kunden Ideen zu entlocken ohne diese Beziehung aufgebaut zu haben, „holt sich schnell einen Tritt vors Schienbein„.

Noch ein Tipp: In der Kommunikation mit der Gemeinschaft ist Humor immer eine gute Strategie. Das musste Henkel erfahren, das seine Kunden einst aufrief, ein neues Design für die Pril-Flasche zu entwerfen. Als die Kunden wenig ernst gemeinte Vorschläge einreichten und diese ganz nach oben bewerteten, änderte das Unternehmen die Spielregeln, und als schließlich Entwürfe ausgewählt wurden, die weiter unten gelandet waren, war der „Kommunikations-Gau“ perfekt. Da hätte Humor sicher sehr geholfen.

Und schließlich: Communities sind öffentlich, damit auch für die Konkurrenz. Die Angst, dass diese sich die besten Ideen rauspicken, haben die hier zitierten Betreiber nicht. Müssen sie wohl auch nicht, wenn sie ihre Fans schon versammelt und an sich gebunden haben. Das braucht vor allem eins: Geduld. Sollte man wissen, ehe man sich auf den Weg macht.

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