INSPIRATION: Menschen werden mehr oder weniger von Zweifeln heimgesucht. Zweifel nerven, denn sie halten uns davon ab, Entscheidungen zu treffen. Und wir bewundern andere, die über jeden Zweifel erhaben zu sein scheinen. Was mitunter auch als Führungsstärke missverstanden wird. Dabei geht es eher darum, im richtigen Moment zu zweifeln.
Wobei mir Menschen, die kaum Zweifel kennen, eigentlich schon immer eher verdächtig vorgekommen sind. Wie kann man sich jemals einer Sache sicher sein, denke ich? Tatsächlich werden wir fortwährend mit Situationen konfrontiert, wo wir Entscheidungen unter Unsicherheit treffen müssen – sonst wären es ja keine Enscheidungen. Unsicherheit aber verschafft uns ein unangenehmes Gefühl, wir wollen möglichst schnell wieder in den Zustand der Sicherheit. Deshalb haben Zweifel keinen guten Ruf, sie sind „ungebetene Gäste.“
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Dem Zweifel Raum geben
Einen interessanten Aspekt ergänzt Emanuel Koch in seinem Beitrag in der managerSeminare (Die Kraft des Zweifelns). Wir bekommen vor allem dann Zweifel, wenn es um etwas Neues, etwas „Experimentelles“ geht, seltener zweifeln wir an dem Bestehenden. Dabei wäre es hier mitunter viel angebrachter zu zweifeln, die Dinge, wie sie sind, in Frage zu stellen. Hier könnte man die Kraft des Zweifels tatsächlich nutzen, die Zweifel wären der „Schlüssel zur Veränderung.“
Der Autor empfiehlt, dem Zweifel hin und wieder bewusst Raum zu geben. Zum Beispiel mit dem Format „Projektbeerdigung.“ Man setzt sich im Team zusammen und malt sich das „in zwei Jahren grandios gescheiterte Projekt in den schillerndsten Farben“ aus und beschreibt alles, was zu dem möglichen Desaster geführt hat. Auf diese Weise macht das Zweifeln Spaß und ihm wird der negative Touch genommen. Im nächsten Schritt übersetzt man die Sorgen in Wahrscheinlichkeiten. Oder man führt Tests durch, um so einzelne Ungewissheiten auszuschalten: „Tests sind quasi in praktisches Handeln überführtes Zweifeln.“
Drei Eintrittskarten
Was aber, wenn die Zweifel bleiben? Wenn sie ihre destruktive Kraft behalten? Damit wir nicht dauerhaft gelähmt werden von ihnen und sie sich als destruktiv erweisen, hilft es vielleicht, sich über die drei Eintrittskarten zum Handeln klar zu werden:
- Wissen: Wenn wir noch nicht genug wissen, gilt es, das fehlende Wissen zusammen zu tragen. Das ist in der heutigen Zeit mithilfe des Internets und vieler Experten die noch am einfachsten zu erlangende „Eintrittskarte“.
- Sinn: Hier wird es schon schwieriger: Wenn wir an dem Sinn dessen zweifeln, was wir tun oder erreichen wollen. Also gilt es, hier gründlich nachzudenken und sich über das „Warum“ oder „Wozu“ klar zu werden. Wenn der Sinn geklärt ist, brauchen wir noch
- Überzeugung im Sinne von Selbstvertrauen. Das Problem ist: Wenn wir hier unsicher sind, uns eine Sache vielleicht nicht zutrauen, dann fangen wir oft an, noch einmal die beiden ersten Eintrittskarten in Frage zu stellen. Wir versuchen, noch mehr Informationen zu sammeln. Oder wir stellen den Sinn in Frage – aber beides ist der falsche Zeitpunkt, diese beiden „Eintrittskarten“ sind ja bereits erworben oder geklärt worden.
Soll wohl heißen: Wir sollten uns ganz bewusst diesen drei Faktoren stellen: Uns einen Raum für den Zweifel des Wissens erlauben, in dem wir die notwendigen Informationen sammeln, und dann diesen Raum schließen. Ebenso die Frage nach dem Sinn für uns klären und auch diesen Korridor schließen. In der Regel erspürt man den Moment, wo weiteres Nachdenken keine neuen Erkenntnisse bringt. Die letzten Selbstzweifel sollten wir als etwas ganz Normales hinnehmen, denn „sie schützen uns vor Arroganz und Größenwahn.“