SATIRE: Ein Dozent für Entrepreneurial Management an der Harvard Business School hat die Formel für das beste Jahresgespräch der Welt entdeckt – endlich. Auch wenn niemand Leistungsbeurteilungen mag und etliche Unternehmen sie inzwischen ganz abgeschafft haben – nach der Lektüre dieses Beitrags werden alle mit Freude solche Jahresgespräche führen.
Der Beitrag heißt tatsächlich „Das beste Jahresgespräch der Welt„. Der Autor hat Best Practices für Leistungsbeurteilungen analysiert und verrät hier seine Geheimnisse. Es geht los mit den Zielen. Davon gibt es zwei wesentliche: „Die Leistung eines Mitarbeiters exakt und verwertbar zu beurteilen“ und „die Fähigkeiten dieser Person entsprechend ihren beruflichen Aufgaben weiterzuentwickeln„. Exakte Beurteilung von Leistung? Und ich nahm an, es hätte sich bis nach Harvard herumgesprochen, das Beurteilungen immer subjektiv sind, aus Sicht des Beurteilers erfolgen und lediglich dessen Perspektive widerspiegeln. Hat es offensichtlich doch nicht. Verwertbar? Wofür? Ich kann’s mir denken: Um seine Prämie zu ermitteln.
Ach ja, die Entwicklung. Menschen brauchen Feedback, aber sicher. Wenn ich nicht mitkriege, was meine Arbeit bewirkt, wie sie ankommt, zu welchem Ergebnis sie führt, produziere ich vielleicht für die Tonne. Wie gut, dass es dann eine Führungskraft gibt, die mir erklärt, was ich gut und richtig und was ich falsch und überflüssigerweise mache. Eine Studie aus dem Jahre 1988 hat schon gezeigt, wie wichtig Berufserfahrung ist, und genau die vermittelt mir mein Vorgesetzter.
Tipps für das beste Jahresgespräch der Welt
Nun denn, da mich das bis hierhin noch nicht aus den Socken gehauen hat, bin ich schon etwas skeptisch, was die Tipps für das beste Jahresgespräch der Welt betreffen. Sie sehen so aus:
Man legt die Anforderungen fest: Was wird von den Mitarbeitenden eigentlich erwartet? Guter Tipp, tatsächlich weiß so mancher Angestellte gar nicht, wozu er eingestellt wurde, da taugt das Jahresgespräch, um ihm dies endlich mitzuteilen.
Man nimmt sich Zeit – schließlich soll der Beurteilte verstehen, worum es geht. Und nicht nur Zeit für das Gespräch, sondern schon vorher. Denn man fängt schon lange vor dem Gespräch an, die Mitarbeitenden zu beobachten, damit man auch etwas zu erzählen hat. Am besten alles ins kleine rote Büchlein eintragen.
Man klärt die Hintergründe: Will er oder kann er nicht? Na, das dürfte nicht so schwer sein, einfach fragen: Sagen Sie mal: Sind Sie nicht dazu in der Lage oder einfach nur faul?
Man kümmert sich um seine Stars – die Belohnung für die Besten sollte man schon vorab geklärt haben, sonst ziehen sie enttäuscht von dannen.
Man geht mit einer positiven Einstellung ins Gespräch. Wer der Meinung ist, bei dem Mitarbeiter ist Hopfen und Malz verloren, der führt kein Beurteilungsgespräch mehr, sondern leitet die Trennung ein.
Man beschreibt konkret, was man beobachtet hat. Da muss ich einfach noch mal das Beispiel aus der Tasche ziehen, das mir eine Kollegin erzählte. Ihr Chef hatte im Jahresgespräch erwähnt, dass er am Tag vorher mitbekommen hatte, dass sie im Büro ein privates Telefonat geführt hatte. Das ist mal konkret, oder?
Man klärt die Folgen einer Handlung, damit der Mitarbeiter auch versteht, was er mit seinem Verhalten anrichtet. Aber bitte nur bei Verhaltensweisen, die er selbst beeinflussen kann.
Man bittet den Mitarbeiter um eine Antwort – denn: Der Dialog ist wichtig. Könnte ja sein, dass er in Sachen Ursache und Wirkung eine andere Meinung hat und die Ursache eher beim Chef sieht.
Man klärt, wie es weitergeht. Wer übernimmt für welche Maßnahme die Verantwortung? Woran wird der Fortschritt gemessen? Wann setzt man sich wieder zusammen?
Ist es nicht herrlich? Das Jahresgespräch, es lebt. Harvard sei Dank, wer auch immer es voreilig abgeschafft hat, kann getrost zurückkehren, ab sofort kann nichts mehr schief gehen.