Das ist kein Beitrag zur Lösung eines praktischen Managementproblems, deshalb können Sie ihn getrost überspringen. Aber wenn Sie Freude daran haben, hin und wieder in Utopien zu denken, dann wird Sie dieses Interview und das passende Buch dazu interessieren.
Gefunden habe ich das Gespräch mit dem niederländischen Historiker Rutger Bregman im Personalmagazin („Wir könnten die Arbeitswoche radikal verkürzen“)
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Dieser erklärt, warum wir unser Verständnis von Arbeit überdenken müssen. Fragen Sie sich mal selbst: Wenn Sie jemanden kennen lernen und ihn fragen: „Und was machen Sie beruflich?“, dann denkt jeder an bezahlte Arbeit. Angenommen, jemand antwortet: „Ich kümmere mich um meine kranken Eltern.“: Würden Sie die Antwort akzeptieren? Oder würden Sie nachhaken: „Nein, ich meine doch beruflich.“
In der Tat gibt es unglaublich viel Freiwilligenarbeit, für die kein Gegenwert in Euro oder Dollar fließt. Die Menschen tun sie trotzdem, weil sie darin einen Sinn sehen. Ganz anders ist das oft bei bezahlter Arbeit. Bregman: „… je höher jemand in der Hierarchie aufsteigt, desto mehr zweifelt diese Person insgeheim am Wert der eigenen Arbeit.“ Von diesem Phänomen seien besonders Manager, Berater, Anwälte und Menschen in der Finanzbranche betroffen.
Er geht mit den „Werktätigen“ noch härter ins Gericht. Irgendwann werden Historiker zurückschauen und sich sehr über uns wundern. Sie werden sagen: „Sehr seltsam. Die Menschen waren wohlhabend, es ging ihnen gut, aber sie fuhren trotzdem Tag für Tag ins Büro, verschickten Mails an Leute, die sie nicht mochten, verfassten Berichte, die keiner lesen wollte, gaben vor zu arbeiten, während sie auf Facebook unterwegs waren. Warum haben sie so sinnlos ihre Zeit verschwendet?“ Bregman nennt das einen „ziemlich lächerlichen, und geradezu schon religiösen Zustand.„
Wie man das ändern kann? Indem man den Menschen die Freiheit gibt, nein sagen zu könnten zu Arbeit, die sie nicht machen wollen. Vermutlich ein Horrorszenario für all jene, die viel Geld bekommen für wenig sinnvolle Arbeit, aber genau deshalb der Meinung sind, dass es sich schließlich verdient hat. Gemeint ist ein bedingungsloses Grundeinkommen, eine Art Risikokapital für alle. Für Menschen mit Arbeit, die gering eingeschätzt wird, sogar eine Art Streikfonds.
Kann gut sein, dass viele aufhören mit dem, was sie eigentlich hassen. Die Folge wäre, dass die Löhne für Aufgaben, die heute gering bezahlt werden, steigen, während andere, die weder nützlich noch notwendig für die Gesellschaft sind, geringer ausfallen werden. Auch eine schlimme Vorstellung für alle oben genannten, die sich fragen, warum sie das tun, was sie tun.
Ein guter Hinweis ist die Feststellung, dass das Problem der sinnlosen Arbeit nicht auf individueller Ebene gelöst werden kann. Bregman meint, dass „wir zu oft individuelle Lösungen für kollektive Probleme suchen.“ Da ist was dran. Es müsste bei Regierungen mehr Mut zum Risiko geben. Auch die, die vielleicht vom Grundeinkommen nicht überzeugt sind, sollten experimentieren. Das, was wir heute Arbeit nennen, kriegen wir nicht mehr verbessert mit dem alten System. Also warum nicht mal was anderes probieren?