26. Juni 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Vom Rennstall lernen

INSPIRATION: Der Reiz, von erfolgreichen Teams zu lernen, ist verständlich. Und Sportteams üben einen besonderen Reiz aus, aus ganz einfachem Grund: Bei ihnen ist es sehr einfach, die erfolgreichen von den weniger erfolgreichen zu unterscheiden. Ein Formel-1-Team, das so oft wie kein anderes den Weltmeistertitel gewann, bietet sich natürlich an. Zumal dahinter nicht nur eine Handvoll Leute steht, sondern im Falle von Mercedes über 1.800 Mitarbeitende. Der Beitrag im Harvard Business Manager (Die Teamformel) konzentriert sich ganz auf den Chef des Teams, mit einer nachvollziehbaren Erklärung: Was Führungskräfte sagen und tun, definiert maßgeblich das Unternehmen, das sie leiten.

Im Folgenden stelle ich die sechs Merkmale vor, die die Harvard-Professorin dank Beobachtungen vor Ort und zahlreicher Interviews herausgearbeitet hat, ergänzt um eigene Schlussfolgerungen. Schauen Sie selbst, was Sie für Ihre eigene Führungspraxis hieraus ableiten möchten.


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6 Merkmale guter Führungspraxis

  • Höchste Standards setzen. Als der neue Chef zum ersten Mal das Gelände der Mercedes-Niederlassung betrat, fand er dort alte Zeitungen und Pappbecher im Empfangsbereich vor. Das gefiel ihm gar nicht: „Alles beginnt mit der Liebe zum Detail.“ Was er eindrucksvoll bekräftigte, als er für die Reinigung der Teamtoilette einen Mitarbeiter einstellte und persönlich anleitete, wie und wie oft er diese zu reinigen hatte.
    Einen hohen Standard setzen ist eine Empfehlung aus der Beobachtung, eine andere die Botschaft, dass man sich als Ranghöchster für keine Aufgabe zu fein sein sollte. Hohe Standards bedeutet ja nicht unbedingt totale Detailverliebtheit, letzteres hängt sicherlich von der Art der Organisation ab.
  • Den Menschen ins Zentrum stellen. Kalter Kaffee, oder? Erzählt doch jeder. Was bedeutet das in dem konkreten Beispiel? Der neue Chef Toto Wolff war wohl der erste Nicht-Ingenieur auf dem Chefsessel, für die Techniker eine ganz neue Erfahrung. Sein Vorgehen: Er führte viele Gespräche um zu verstehen, was seine Ingenieure eigentlich sagen wollten, wenn sie sich hinter Fachtermini versteckten.
    Und er entwickelte mit ihnen gemeinsam eine Vision. Auch kalter Kaffee. Also was ist daran besonders? „Die Konsequenz, mit der das gemeinsam Besprochene nachgehalten und verfolgt wird…“ Tatsächlich folge ich hier der Autorin: Es hapert meist an der Konsequenz, für mich ein Zeichen, dass sehr oft gesagt noch lange nicht gemeint und erst recht nicht getan bedeutet.
  • Fehler analysieren – aber auch die Ursachen für Erfolge. Das ist auch eine bekannte Forderung: Wenn ein Projekt oder ein Teil-Projekt beendet ist, das Geschehene Revue passieren lassen und die Ursachen für Misserfolge analysieren. Mehr noch: Auf jeden Fall auch schauen, warum etwas gut gelaufen ist. Dafür gibt es bei Mercedes offenbar einen klar vorgegebenen Ablauf. Dabei ist der Chef dafür bekannt, Klartext zu reden. Schöner Satz: „Du bist kein Idiot, aber hier sind die Gründe, warum das eine idiotische Entscheidung war.“
    Auch hier scheint mir Konsequenz das eigentliche Erfolgsgeheimnis: Konsequent analysieren und konsequent Fehler ansprechen, ohne zu beschuldigen.
  • Vor die eigenen Leute stellen. Deutete sich gerade schon an: Wenn Fehler passieren, ist der Chef verantwortlich. Punkt. Man sollte der Versuchung widerstehen, nach Schuldigen zu suchen, sondern stets zu fragen „Wie konnte es dazu kommen?“ Zitat: „Wer einen Fehler macht, muss nicht lügen, um seinen Job zu behalten.“
    Dazu gehört auch, eigene Fehler klar anzusprechen. Meine Vermutung: Erst wenn letzteres passiert, werden die Lippenbekenntnisse glaubwürdig.
  • Den Superstars vertrauen – aber sie auch schonungslos kritisieren, wenn nötig. Der Formel-1-Chef hat seinem Top-Fahrer erlaubt, unplanmäßig Urlaub zu machen, und er hat es ihm mit einer Weltklasse-Leistung gedankt. Als seine Top-Fahrer sich gegenseitig von der Piste schossen, übte er scharfe Kritik vor versammelter Mannschaft.
    Lässt sich das übertragen? Ich denke schon. In jedem Team gibt es so etwas wie Stars – auf ihrem jeweiligen Gebiet. Die Kollegen beobachten sehr genau, ob den Stars mehr durchgelassen wird als anderen. Wer sich auf der einen Seite großzügig zeigt, sollte das auch anderen gegenüber sein. Und wenn Stars Fehler machen, sollten sie auch ebenso klar kritisiert werden. Hat wieder was von Konsequenz, oder?
  • Selbstgefälligkeit bekämpfen. In dem Beispiel werden die Teammitglieder immer wieder aufgefordert, genau zu schauen, was ihre Gegenspieler bei der Konkurrenz tun, worin sie gut sind und was man von ihnen lernen kann.
    Auch gut übertragbar, denn die Gefahr, sich auf den Lorbeeren auszuruhen, ist für erfolgreiche Teams sicher groß. Ob nun mit oder ohne Führungskraft: Ständig Ausschau zu halten, was andere unternehmen und wie diese sich entwickeln, steht jedem Team gut.
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