PRAXIS: Wenn wir uns über andere ärgern, äußern wir diesen Ärger häufig indirekt, zum Beispiel in Form versteckter Vorwürfe. Dass damit der Ärger nicht beseitigt ist, wissen wir. Dass wir damit die Zusammenarbeit weiter belasten, auch. Diese Übung für Gruppen sorgt für Klarheit und Befreiung.
Wichtig ist vor allem, dass die folgende Runde in einem geschützten Raum stattfindet, aus dem nichts nach außen dringt und in dem sich alle sicher fühlen können. Ebenso klar sollte allen sein, dass alles, was geäußert wird, Momentaufnahmen sind und subjektive Meinungen darstellen.
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In jedem Team gibt es im Hintergrund schwelende Vorwürfe und negative Meinungen über einander, diese auszusprechen und aufzugeben, ist das Ziel der Übung. Geeignet ist sie für kleinere Gruppen und Teams, wobei sie schwierig werden dürfte, wenn es schon lange schwelende Konflikte gibt, die auch schon offen ausgebrochen sind. Dann sollte man eher Methoden der Mediation einsetzen.
Tabus in Gruppen ansprechen
Zum Ablauf: Die Gruppe sitzt im Kreis zusammen, im ersten Schritt schreibt jedes Mitglied über jedes andere alle negativen Ansichten und Vorwürfe auf, die ihm einfallen. Anschließend weist der Moderator noch einmal auf die Tatsache hin, dass es um sich dabei um subjektive Meinungen handelt und erinnert an den geschützten Raum und die Vertraulichkeit.
Dann geht es los – die erste Person spricht alle ihre Vorwürfe zu jedem Mitglied nacheinander in folgender Form aus: „Ich finde, dass du … (Vorwürfe). Ich gebe diese Meinung auf und wünsche mir, dass du … (Wunsch).“ Der Angesprochene kann hierauf antworten, wenn er möchte, und zwar entweder mit „Danke. Ja das mache ich.“ oder „Danke. Nein, das mache ich nicht.“ Beides ist willkommen. Die Vorwürfe und Wünsche werden nicht diskutiert, außer dem Sprecher und dem Angesprochenen äußert sich niemand, alle hören nur zu.
Dann geht es reihum – die nächste Person äußert zu jeder anderen mindestens einen Vorwurf oder eine negative Meinung, bis alle an der Reihe waren.
Bei der ersten Durchführung einer solchen „Vorwurfsrunde“ bietet sich an, dass am Schluss noch eine gemeinsame Abschlussrunde durchgeführt wird, zum Beispiel mit Fragen wie: „Wie geht es mir?“ oder „Was war mein größtes Aha-Erlebnis?„
Kleine persönliche Anmerkung: Ich habe eine solche Runde noch nicht mitgemacht oder begleitet und dachte beim Lesen, dass hierfür ein gewisses Grundvertrauen innerhalb des Teams vorhanden sein muss, von dem man nicht immer ausgehen kann. Die Autoren beschreiben, dass solche Vorwurfsrunden langfristig das Vertrauen und die Zusammenarbeit stärken. Ich habe mir auf jeden Fall vorgenommen, diese Übung auszuprobieren.
(aus: Ilona Koglin / Julia Kommerell: Das Dragon Dreaming Playbook. S. 86)