INSPIRATION: Es gibt in jeder Organisation drei Strukturen, die selten bis nie deckungsgleich sind: Die formale, die informelle und die Wertschöpfungsstruktur. Die eigentliche Arbeit findet in letzterer statt, durch Menschen, die Ahnung von dem haben, was sie tun. Alle drei sind wichtig, aber es wäre gut, wenn die Wertschöpfungsstruktur an erster Stelle stünde. Nur – wie gelingt das? Durch ein Zellstrukturdesign. Dies steht in ziemlichem Gegensatz zur bekannten hierarchischen Struktur, erklären die Autoren in der managerSeminare (Radikal anders organisiert).
Tatsächlich aber existiert die Wertschöpfungsstruktur immer in jeder Organisation. Während die formale Struktur meist klassischen Organigrammen folgt und die informelle aus eher undurchsichtigen Netzwerken besteht, wird Wert in Zellen geschaffen, die aus Fachleuten bestehen. Zum einen aus solchen, die an der Peripherie zum Kunden hin agieren. Zum anderen aus jenen, die im Zentrum tätig sind und die Bedürfnisse der Peripherie erfüllen. Also dafür sorgen, dass die peripheren Zellen mit allem versorgt werden, was sie benötigen, um den Kunden zu bedienen.
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Die Wertschöpfungsstruktur
Es gab schon viele Versuche, die Wertschöpfungsstruktur anders zu „bearbeiten“, etwa in Form von Prozessstrukturen oder als Duales Betriebssystem nach Kotter. Hier kommt ein neues Modell, das „Zellstrukturdesign“. Wenn ich das richtig verstehe, dann ersetzt es in gewisser Weise schon die formale Struktur, denn nach dem Modell werden Abteilungen und Bereiche, wie sie in der klassischen Struktur vorkommen, durch viele Zellen ersetzt, die maximal Teamgröße (also bis zu sieben oder acht Mitglieder) haben.
Es gibt Zellen, die an der Peripherie tätig sind, die Verbindung zum Markt haben und dessen Bedürfnisse wahrnehmen. Sie versorgen die Kunden und lernen vom Markt. Gleichzeitig fungieren sie als Grenze zwischen Zentrum und Markt. Soll heißen: Die Zellen im Zentrum können nicht vom Markt lernen, sondern nur von der Peripherie. Ihre Aufgabe ist es, die Bedürfnisse der Peripherie zu erfüllen. Sie haben keinerlei Steuerungs- oder Kontrollfunktion. Sie haben auch keine Entscheidungsmacht über die Peripherie, sie genehmigen keine Budgets, es gibt keine Fixkosten, keine Gemeinkosten, keine Umlagen.
Die Zellen im Zentrum bieten Leistungen an wie Buchhaltung, Gebäudedienstleistungen, Rechnungslegung, Controling, IT – auch die Geschäftsführung ist eine Dienstleistung. Wobei hiermit keine Personen, sondern Rollen gemeint sind. Jemand kann also durchaus eine Rolle in der Peripherie und eine weitere im Zentrum innehaben. Interessant: Innovation ist auch eine Zentrumsrolle – die Peripherie liefert nur Informationen, aber entwickelt keine neuen Produkte – Kunden würden für die Entwicklung neuer Produkte nichts bezahlen, nur für die Produkte selbst.
Von Hausmeistern und anderen Funktionen
Auch interessant: Die Autoren empfehlen, die Zentrumsrollen nicht durch Begriffe zu benennen, die einen „machtvollen Eindruck erwecken“. Ein Geschäftsführer kann z.B. „Hausmeister“ heißen, um klar zu machen, dass die Zentrumsrollen eben lediglich Dienstleister sind und keine Steuerungsfunktion haben.
Ein Beispiel, wie das in der Praxis abläuft, liefern die Autoren nicht. Wohl aber Hinweise, wie eine Organisation ihre „Zellstruktur“ freilegen kann. Dies geschieht durch die Auseinandersetzung zwischen allen Organisationsmitgliedern oder möglichst vielen – je mehr daran beteiligt sind, desto besser. Das gelingt innerhalb von sechs bis zehn Wochen. Klingt nach einem gewagten Versprechen.
Erinnert mich sehr an den Bericht von Michael Fleischmann von Metafinanz. Dort werden die Zellen im Zentrum „Shops“ genannt, um zu zeigen, dass diese den peripheren Teams Leistungen anbieten. Was mich an dem Modell, das mir gut gefällt, etwas irritiert: Ist damit die Zellstruktur die neue formale Struktur und ersetzt sie? Dass es weiterhin informelle Strukturen gibt (die die sozialen Beziehungen zwischen den Organisationsmitgliedern abbilden und schwer „freizulegen“ sind), scheint mir offensichtlich. Aber wenn die Zellstruktur die Wertschöpfungskultur abbildet, dann wird diese doch nicht nur „freigelegt“.
Vielleicht bleibt als formale Struktur doch noch so etwas wie ein Aufsichtsrat und ein Vorstand, einfach weil sie vom Gesetz her vorgesehen sind. Und die dann für die Außendarstellung des Unternehmens und für Fragen der Compliance zuständig sind.