27. Juli 2024

Management auf den Punkt gebracht!

Zoom-Müdigkeit?

INSPIRATION: Die Corona-Krise hat vielen Menschen einen Home-Arbeitsplatz verschafft. Und was kaum jemand wohl vorher für möglich gehalten hat: Viele vermissten ihr Büro gar nicht. Dabei war schon lange vorher bekannt, wie produktiv Menschen zu Hause sein können. Ist das das Ende der Arbeitswelt, wie wir sie kennen?

Zumindest scheint so manche Unternehmensleitung nun endlich darüber nachzudenken, Arbeitsplätze, die nicht direkt mit der Produktion zusammenhängen, auszulagern und die Mitarbeiter am heimischen Schreibtisch arbeiten zu lassen. Wobei einige erstaunt feststellen, dass sie dort sogar besser arbeiten. Bei der Telekom verbesserte sich die Leistung der Call-Center-Agenten und die Techniker sind pünktlicher bei ihren Kunden. Auch bei der Deutschen Börse stieg die Produktivität auf den Heimarbeitsplätzen.


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Im heimischen Wohnzimmer

Ohne Corona hätte man über die Konsequenzen der Verlagerung so vieler Arbeitsplätze ins heimische Wohnzimmer nur spekuliert. Jetzt weiß man einiges ganz sicher, wie die Wirtschaftswoche in ihrer Titelstory erklärt (Geht nach Hause!):

  • Die Straßen werden leerer, weil weniger Pendler unterwegs sind. Das spart Zeit, Sprit, Nerven, schont die Straßen und senkt die Unfallzahlen.
  • Die Mitarbeiter zeigen sich deutlich zufriedener mit der Situation als angenommen und sind offenbar produktiver, wie Studien zeigen.
  • Die Geschäftsreisen werden reduziert, einige Unternehmen überlegen gar, sie so gut wie ganz abzuschaffen. Schlecht für Fluggesellschaften und die Bahn, auch die Autobauer spüren die Folgen. Bei den einen sinken die Kosten, bei den anderen brechen die Umsätze ein.
  • Die Meetings sind effizienter, straffer, alle sitzen pünktlich vor dem Bildschirm – wer hätte das gedacht …

Kein Wunder, dass schon Überlegungen öffentlich werden, Präsenzpflicht abzuschaffen oder zumindest über Mischmodelle nachzudenken. Doch es gibt gewichtige Gegenargumente. Das am häufigsten genannte: Wahre Kreativität geschieht, wenn man „zufällig in jemand anderen hineinlaufe,“ soll Steve Jobs gesagt haben. Man trifft nun mal nicht ganz zufällig jemanden im Internet, sondern auf dem Gang zwischen den Büros oder in der Kantine.

Die Verlierer

Und was für die einen Unternehmen einen Vorteil darstellt, macht die anderen zu Verlierern und bedroht gar deren Existenz. Unternehmen, die Hotelzimmer für Geschäftsreisende vermitteln und die gesamte Hotelbranche natürlich (schon witzig, dass HRS bei seinen Mitarbeitern komplett auf Heimarbeit umsattelte und damit sehr gute Erfahrungen machte). Oder Messe- und Kongressveranstalter – das Geschäft ist völlig zum Erliegen gekommen, und es ist durchaus denkbar, dass einige der Aktivitäten in Zukunft virtuell organisiert werden.

Wenn dann noch hinzukommt, dass viele Unternehmen darüber nachdenken, wieder mehr lokal produzieren zu lassen, um ihre Wertschöpfungskette nicht zu gefährden, dann scheint das Zeitalter der Geschäftsreisen vielleicht nicht zu Ende zu gehen, aber zumindest seinen Zenit überschritten zu haben.

Ganz bitter stellt sich die Situation auch für die Anbieter von Co-Working-Modellen an. Gerade noch milliardenschwer bewertet, stehen die schicken Büroetagen leer. Zumindest in der westlichen Welt, woanders, z.B. in Asien, wo die Menschen in engen Wohnungen kaum von zu Hause arbeiten können, könnte das Modell sogar profitieren.

Wird das bleiben?

All das zeigt, dass niemand so wirklich weiß, was nun wird. Auf jeden Fall kommt Bewegung in die eher rigiden Einstellungen mancher Top-Manager. Die, wie der unendlich weise britische Premier Johnson mal formuliert hatte, die Arbeit von zuhause als „Paradies für Faulenzer“ betrachteten. Da sie selbst nun viel Zeit im heimischen Arbeitszimmer verbracht haben und erfahren, dass ihre Mitarbeiter durchaus keine Däumchen drehen, werden verstärkt die Möglichkeiten geprüft, Büroraum einzusparen. Trotz aller Müdigkeit, die so manchen angesichts der Mengen an Zoom-Konferenzen mittlerweile befällt.

Dass die persönliche Begegnung nicht komplett zu ersetzen ist, zeigt sich wohl auch im Außendienst. Der Vertrieb kann zwar Bestandskunden über Video-Konferenzen pflegen, aber Neu-Akquise scheint zumindest bis jetzt kaum vorstellbar. Es gibt auch Studien, die zeigen, dass Mitarbeiter, die viele Kontakte mit Kollegen haben, mehr Abschlüsse tätigen – Aufzeichnungen mit Hilfe von Armbändern der Bewegungen bei Mitarbeitern im Pharmavertrieb konnten dies belegen.

Die Begegnung auf Messen und Kongressen lässt sich wohl auch nicht eins zu eins ins Internet transferieren – solche Gelegenheiten sparen ja auch eine Menge Reisen, da man sich hier in kurzer Zeit mit ganz vielen Geschäftspartnern treffen kann.

Und was ist nun mit der Kreativität? Da gibt es wohl interessante Studien. Man ließ Mitarbeiter eine Kreaitivitätsaufgabe lösen, dabei schaltete man Teilnehmer telefonisch zusammen, andere per Video-Chat und eine dritte Gruppe traf sich physisch. Siehe da: Zwischen der zweiten und der dritten Gruppe gab es keinen Unterschied bei den Ergebnissen. Was die Forscher zu der Annahme verleitet, dass man schon bald kaum noch Unterschiede in der Zusammenarbeit bei virtuellen und „echten“ Teams feststellen wird. Zumal die Technik weiter voranschreitet.

Denkbar ist z.B., dass während der Arbeit an einer Sache im Hintergrund ein Medium läuft, über das man so etwas wie „zufällige Begegnungen“ erleben kann. Darüber könnte dann ein Heimwerker, wenn er Kaffeedurst verspürt, mal kurz in die Runde fragen, ob noch jemand Pause machen möchte, und man trifft sich vor dem Bildschirm zum gemeinsamen Frühstück. Und das mit Kollegen, mit denen man vielleicht in der echten Welt niemals in einem Büro sitzen würde.

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