INSPIRATION: Mitarbeiter, die direkten Kontakt mit Kunden haben oder die die Probleme in der Produktion oder Vertrieb mitbekommen, sind prädestiniert dafür, diese aufzuzeigen und Lösungen zu finden. Aber ihre Ideen dringen nicht bis nach oben durch, sie bleiben beim Mittelmanagement hängen. Nicht aus böser Absicht – sondern aus Gründen, die in der Unternehmenskultur liegen.
Kürzlich wurde mir folgende Geschichte erzählt: Ein Manager kam nach einer längeren Auszeit zurück, seine Vertretung hatte ihre Sache gut gemacht. Der Umsatz war gestiegen, und der entscheidenden Unterschied zwischen ihm und seiner Vertretung war, dass letztere die Mitarbeiter mit eingebunden hatte. Diese hatten eine Reihe von Änderungen vorgeschlagen, und tatsächlich war der Effekt spürbar.
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Als der eigentliche Chef zurückkehrte und sein gewohntes Verhalten zeigte, wiesen ihn die Mitarbeiter auf die Erfolge hin. Seine Antwort: „Ich sehe keinen Anlass, etwas anders zu machen.“ Ist ja auch bitter: Da ist man eine Weile fort und die Vertretung ist erfolgreicher – dank der Ideen der Mitarbeiter. Da gehört dann schon ein gewisses Selbstbewusstsein dazu, das eigene Verhalten zu ändern und die Beiträge anderer zu wertschätzen.
Warum Mittelmanager so „schwierig“ sind
Aber, so die Erkenntnis mehrerer Experimente und Studien amerikanischer Autoren, es ist in der Regel weniger die Persönlichkeit dieser „Mittelmanager“, sondern mehr ihre Situation, die sie davon abhalten, Vorschlägen von Mitarbeitern Gehör zu verschaffen (Überleben im Sandwich). Zwei Faktoren sind ausschlaggebend:
Als „Zwischenhändler“ haben sie selbst kaum Handlungsspielraum. Würden sie selbstständig entscheiden können, sähe das vielleicht anders aus. Aber sie haben die Erfahrung gemacht, dass es sie viel Energie und Geduld kostet, Vorschläge nach oben durchzusetzen, und wenn es funktioniert, dann dauert es ewig, bis eine Entscheidung getroffen wird. Das, was die Mitarbeiter so beklagen, nämlich fehlende Rückmeldungen, erleben also auch ihre Vorgesetzten.
Der andere Faktor: Viele Ideen verbessern nicht unbedingt das kurzfristige Ergebnis, aber genau hieran werden viele Mittelmanager gemessen. Warum sollten sie dann versuchen, solche Ideen in die Tat umzusetzen?
Experimente
Beide Faktoren haben die Forscher mithilfe von Experimenten überprüft. Dabei hat man Studenten in die Lage von Managern versetzt, die mal viel, mal wenig Entscheidungsspielraum hatten und mal kurz- und mal langfristig honoriert wurden. Das Ergebnis: Nur wenn beide Faktoren günstig waren, also die Probanden einen großen Handlungsspielraum hatten und für langfristiges Engagement belohnt wurden, waren sie auch bereit, Input von unten aufzunehmen und Mitarbeiter zu Wort kommen zu lassen.
Bestätigt einmal mehr die Hypothese der Schädlichkeit von kurzfristigen Zielen und die Forderung, Menschen mehr Handlungsspielräume zuzubilligen. Vielleicht fängt man damit bei den Mittelmanagern an, dann wäre ja schon etwas gewonnen. Führungskräften wie der eingangs beschriebene Manager wird das allerdings kaum ändern, aber diese kann man ja beizeiten austauschen.